Ein paar Minuten bevor es losgeht, hat das Training im Körper von Josep “Pep“ Guardiola bereits begonnen. Mit federnden Schritten, der Körper auch...

Barcelona. Ein paar Minuten bevor es losgeht, hat das Training im Körper von Josep "Pep" Guardiola bereits begonnen. Mit federnden Schritten, der Körper auch mit 38 der eines Asketen, eilt der Trainer des FC Barcelona über den Fußballplatz. Er nimmt Stürmer Samuel Eto'o in den Schwitzkasten; spielerisch, versteht sich. "Pep ist ein Kranker", erklärte Spielmacher Xavi Hernandez fröhlich die Leidenschaft seines Trainers für das Spiel.

Längst hat die wunderbare "Pep-Krankheit" den FC Barcelona angesteckt. Mit der knisternden Intensität, die der Trainer aussendet, trägt Barça wieder seine legendäre Kurzpasskunst vor. Zwei Jahre kämpfte der Champions-League-Sieger von 2006 gegen die Dekadenz, heute wird Barça wieder als das größte Spektakel betrachtet. Ihnen fehlt die Unumstößlichkeit des 2006er Jahrgangs um Ronaldinho, aber sie schlagen die Gegner mit Herrlichkeit und bringen es auf schwindelerregende 126 Saisontore. Guardiola, der im vergangenen Sommer mit der Erfahrung von einem einzigen Trainerjahr in der vierten Liga die Elf übernahm, gilt als Initiator dieser Erholung. Doch viel mehr als der Erfolg eines einzelnen ist die Rückkehr des schönen Barças ein Lehrbeispiel, wie weit ein Klub mit Wagemut und konsequentem Konzept kommen kann.

Hartnäckiger als jeder andere Verein hält Barça an einem Stil fest, auch wenn sich sonst niemand so zu spielen traut. Konsequenter als jeder andere Klub bildet es die Fußballer dafür selbst aus. Elf der 24 Profis der aktuellen Mannschaft stammen aus der eigenen Schule. In diesem Klub galt die Berufung von Guardiola nicht als Irrsinn, sondern logisch. Von 13 bis 30 spielte er für den FC, da fanden sie ihn nach nur einem Trainerjahr nicht grün, sondern weise. Er weiß alles über Barças Ideologie. "Für mich existiert nur eine Weise, Fußball zu verstehen", sagt er, "die Art Barças: Vorwärts!"

Guardiola erschien in einem Moment, als alle Protagonisten verinnerlicht hatten: "Der Spielstil ist unsere Kraft", wie Musterspieler Andres Iniesta sagt. Hier gibt es keinen Sportdirektor, der seinen Einfluss durchsetzen will, hier trifft ein Trainer auf Stars wie Lionel Messi oder Thierry Henry, die akzeptieren, dass sie nur ein Teil einer größeren Idee sind. Es war eine erschlaffte Weltklasseelf, die Guardiola vorfand, aber noch immer eine, in der alles eingespielt war. Was es brauchte, war ein neuer Stimulus. Sie fanden Guardiola. Den Impulsator.

Wie viele Frischlinge, die noch keine Gelegenheit hatten, desillusioniert zu werden, glaubt Guardiola unabdingbar daran, dass in diesem Spiel jede Kleinigkeit entscheidend sei. Seinem Stürmer Messi, der noch nie ein Buch gelesen hat, schenkte er den Roman "Saber Perder" von David Trueba: Verstehen zu verlieren. Gelegentlich wirken die Einfälle sehr gewollt, doch bei einem Trainer, der geradlinig und weitgehend kompetent seinen Weg geht, erscheinen missglückte Manöver plötzlich nicht wie falsche, sondern wie mutige Entscheidungen. "Wenn ich wiedergeboren werde", sagt Barças Präsident Joan Laporta, "möchte ich Guardiola sein."