Der sportliche Erfolg der Mannschaft von Trainer Martin Jol schlägt sich auch in den Zahlen nieder: Der Klub steuert auf einen Rekordumsatz zu, der Gewinn wird im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich liegen.

Hamburg. Wenn Horst Becker heute Morgen um neun Uhr aus Fuhlsbüttel mit seinen Amtskollegen Ronald Wulff und Gerd Krug im Mannschaftsflieger Richtung Istanbul abhebt, kann sich der Aufsichtsratsvorsitzende entspannt zurücklehnen und sich auf die sportlichen Fragen vor dem Achtelfinal-Rückspiel bei Galatasaray Istanbul (20.30 Uhr MEZ, ZDF live) konzentrieren. Denn finanziell geht es dem HSV so gut wie schon lange nicht mehr.

Gingen die Planungen des Vereins zu Beginn der Saison noch von einem rückläufigen Umsatz von 120 Millionen Euro (nach 140 Millionen Euro in der Vorsaison) aus, so nimmt der HSV dank des bisher so erfolgreichen Verlaufs der Serie längst Kurs auf einen neuen Umsatzrekord. Je nach weiterem Verlauf der Saison wird der Etat nach jüngsten Berechnungen bei 150 bis 160 Millionen Euro liegen, bei einem wohl zweistelligen Millionen-Gewinn - bilanziell gesehen. Schließlich wird der Großteil der Ablösesumme für Nigel de Jong (Manchester City) erst im Sommer fällig.

"Jede Mehreinnahme bei einem Weiterkommen sichert uns nun mehr Spielraum bei Investitionen", freut sich Becker, der mit seinen Kollegen vor Saisonbeginn immerhin das Erreichen der Achtelfinals bei den Budgetplanungen eingerechnet hatte.

Erstaunlich jedoch: So verlockend der Einzug ins Uefa-Pokal-Viertelfinale aus sportlichen wie Imagegründen auch wäre, finanziell würde ein Weiterkommen im Vergleich nur einen bescheidenen zusätzlichen Ertrag liefern. Da ab der kommenden Runde die zentrale Vermarktung der Uefa greift, würden nur 300 000 Euro vom europäischen Verband in die HSV-Kasse fließen. Beim Halbfinale wären es dann 600 000 Euro. Dazu käme noch die Brutto-Einnahme einer sicher ausverkauften Nordbank-Arena in Höhe von 1,3 bis 1,5 Millionen Euro.

Beim Heimspiel gegen Galatasaray Istanbul profitierten die Hamburger dagegen noch von der Einzelvermarktung. Durch die ARD-Übertragung (750 000 Euro) und Zuschauereinnahmen konnten rund 700 000 Euro mehr erwirtschaftet werden als vorgesehen: fast 2,5 Millionen Euro.

Der große Reibach winkt jedoch im DFB-Pokal. 1,7 Millionen Euro (ohne Zuschauer) konnte der HSV in den bisherigen Runden einstreichen, im Halbfinale gegen Werder Bremen kommen noch einmal 1,55 Millionen Euro (plus die anteiligen Ticket-Einnahmen) dazu. Holt der HSV den Pott, gäbe es 2,52 Millionen Euro, der Verlierer erhielte immer noch 1,68 Millionen Euro.

So schön die zusätzlichen Einnahmen auch klingen, der sportliche Erfolg hat auch seinen Preis. Würde das Team von Martin Jol trotz der angespannten Personalsituation und des suboptimalen Hinspielresultats von 1:1 in dem mit 23 500 Zuschauern längst ausverkauften Ali-Sami-Yen-Stadion bestehen, könnten sich die Spieler über Prämien in Höhe von 300 000 Euro freuen, die sie, gestaffelt nach Einsätzen, unter sich aufteilen.

Dennoch: Neben Bayern München dürfte der HSV angesichts der Wirtschaftskrise wohl der einzige Verein in Deutschland sein, der im Sommer seinen Kader mit zweistelligen Millionensummen verstärken kann.

Finanziell würde sich bei einem Viertelfinaleinzug im Uefa-Pokal diese Summe automatisch aufstocken, aber selbst ein Ausscheiden könnte sich, positiv gedacht, auf der Einnahmeseite niederschlagen, schließlich könnten sich die Spieler ohne zusätzliche Belastungen auf den Kampf um einen Champions-League-Platz konzentrieren, der den Verein auf einen Schlag um mindestens 15 Millionen Euro reicher machen würde - und die Rechenarbeit von Aufsichtsrats-Chef Becker noch erheblich erfreulicher gestalten könnte.