Erneut hat ein rätselhafter Todesfall die Leichtathletik aufgeschreckt. Sechs Wochen nach dem plötzlichen Herztod von Mittelstreckenläufer René Herms starb die erste Hammerwurf-Olympiasiegerin, Kamila Skolimowska (26), während eines Trainingslagers in Portugal. Plötzliche Todesfälle im Sport.

Berlin. Lebensfroh, herzlich, nett und offen. Das sind die Attribute, die Michael Deyle, dem Bundestrainer der Hammerwerfer, einfallen, wenn er an Kamila Skolimowska denkt. Deyle war mit der polnischen Hammerwerferin befreundet. War befreundet, denn die Olympiasiegerin des Jahres 2000 ist am Mittwoch verstorben. Die Leichtathletik wird damit erneut von einer Todesnachricht geschockt - der zweiten binnen sechs Wochen. Erst am 9. Januar war der deutsche 800-m-Läufer Rene Herms in seinem Haus tot aufgefunden worden. Wie Herms wurde Skolimowska nur 26 Jahre alt.

Gemeinsam mit ihren Mannschafskollegen absolvierte Skolimowska ein Trainingslager in Vila Real de Santo Antonio (Portugal). Polens Medien berichten, dass sie bereits am Dienstag über Schmerzen in der Wade und am Mittwoch über Übelkeit geklagt hatte. Deswegen habe sie beim Krafttraining am Mittwoch nur zugeschaut. Dennoch erlitt sie einen Schwächeanfall und wurde ohnmächtig, ihre Teamkollegen riefen den Notarzt. Als dieser eintraf, schien es Skolimowska wieder besser zu gehen. Ohne fremde Hilfe konnte sie sich zum Krankenwagen begeben, wurde dort dann aber erneut ohnmächtig. Alle Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos, im Krankenhaus konnten die Ärzte nur den Tod feststellen.

Die tragische Nachricht hat in Polen eine Welle des Mitgefühls ausgelöst. Schon vor ihrem Olympiasieg in Sydney war Skolimowska ein Star. Als Kind von Robert Skolimowski, der 1986 bei der WM im Gewichtheben zum drittstärksten Mann der Welt gekürt worden war, und Teresa Wenta, einer populären Handballspielerin, wurde ihr sportlicher Werdegang von Beginn an von der Öffentlichkeit verfolgt. "Das ist eine schockierende Nachricht. Kamila war ein großartiges, lebenslustiges Mädchen. Ich werde sie so in Erinnerung behalten", sagte Miroslaw Drzewiecki, Polens Sportminister. Auch Piotr Nurowski, der Chef des Nationalen Olympischen Komitees, zeigte sich traurig und bestürzt. "Die Nachricht ist ein Schock", erklärte er. "Sie war niemals krank. Die Gesundheit der Leistungssportler wird systematisch überprüft."

Bis gestern konnten über die Todesursache nur Mutmaßungen angestellt werden. Die Ärzte in Portugal spekulierten über einen Herzinfarkt; der polnische Teamdoktor erklärte allerdings, dass er eine Lungenembolie für erheblich wahrscheinlicher halte. Aufschluss soll heute eine Obduktion liefern.

Im Fall Herms bewahrheiteten sich Gerüchte um einen Medikamentenmissbrauch nicht. Auch im Falle von Skolimowska glaubt Deyle nicht, dass die Polin zu unlauteren Mitteln gegriffen hat. "Diese Frage wird ja immer gestellt, wenn ein Sportler in jungen Jahren stirbt", sagt Deyle, "bei Kamila kann ich mir das aber gar nicht vorstellen."