Wälder, Seen und prächtige Herrenhäuser - der Landstrich zwischen Hohwachter und Lübecker Bucht ist eine Symphonie aus Grün, Gelb und Blau.

An diesem Morgen hat sich ein wenig Nebel über den spiegelglatten Selenter See gelegt. Aus dem Schilf quakt eine Ente, ein Eisvogel stößt ruckartig ins Wasser, ansonsten herrscht absolute Ruhe auf dem Bootsteg. So kommt einem Günter Magaths kleines Motorboot fast wie eine übernatürliche Erscheinung vor, als es plötzlich aus dem Dunst herausfährt und zielstrebig Kurs auf den Steg der Fischerei Reese hält.

Jede Menge Boote, große Touristenhotels und weite Strände - das alles gibt es an Schleswig-Holsteins zweitgrößtem See nicht. Doch für einen kurzen Stopp zur Einstimmung auf die Holsteinische Schweiz ist er ideal, zumal die Fischerei Reese in Bellin, wenn man von Kiel kommt, direkt an der Straße B 202 Richtung Lütjenburg liegt. "Hier gibt es nur Natur pur und vier Seeadlerpärchen", sagt Magath, während er die Heringe auslädt. Ab Mitte Mai wird der Fischer vor allem Silbermaränen fangen, eine Spezialität aus dem Selenter See, die dann frisch geräuchert im Verkaufsladen der Fischerei ausliegt. Mutige Kinder können direkt im Schauraum nebenan beim Schlachten der Fische zuschauen.

Mit einem Fischbrötchen gestärkt, fahren wir weiter. Hinter dem See links rein, am Restaurant Seekrug vorbei Richtung Todendorf/Giekau und schon bald erhebt sich vor uns der Pilsberg (128 Meter) und auf ihm ein Turm über der hügeligen Landschaft. Der Hessenstein ist ein 1841 erbauter Backsteinturm, er bietet wohl eine der schönsten Aussichten auf Ostholstein. Hier oben bekommt man ein Gefühl für die Schönheit der Landschaft, die eine Symphonie aus Gelb, Grün und Blau ergibt. Weit hinten schimmert das Meer, auf sanft geschwungenen Hügeln breiten sich jetzt im Mai die leuchtenden Rapsfelder aus. Dazwischen ein paar Wäldchen und nur wenige, romantische Dörfer - Ostholstein ist dünn besiedelt.

Unterhalb des Turms liegt das "Forsthaus Hessenstein", ein exzellentes Restaurant, dessen Wirt eine Berühmtheit in der Gegend ist. Denn Peter Marxen hat in den 70ern das legendäre Hamburger Szenelokal Onkel Pö geführt. Es lohnt sich hier nicht nur abends zu essen, sondern auch mal auf einen Absacker vorbeizukommen. Ist Marxen in Form, legt er nachts fetzige, tanzbare Musik auf - dann heißt es abrocken mitten in der Natur.

Vielleicht trifft man zufällig auch auf den Hamburger Autor Rocko Schamoni, der in Lütjenburg aufwuchs und Marxen in seinem Kultroman "Dorfpunks" verewigt hat. Der Film zum Buch läuft derzeit im Kino, er ist auch eine Hommage an diese Gegend Ostholsteins.

Auf unbefestigten Straße fahren wir durch einen Wald zum nahen Gut Panker. Ein Ort wie aus einem Roman von Rosamunde Pilcher, mit seinen riesigen Pferdekoppeln, auf denen edle Trakehner grasen, den weißen Zäunen und den Backsteinbauten, die allerlei schicke Einrichtungsläden, Modedesigner, Galerien und das Restaurant "Ole Liese" beherbergen. Weiß, Rot und Grün sind hier die dominierenden Farben.

Das Herrenhaus ist seit 1739 im Besitz der Familie von Hessen und nicht öffentlich zugänglich. Geschichten von der Landgrafen-Familie kann Daniela Schoel vom Panker-Laden Flora Magica dennoch erzählen. Ab Juli wird sie immer Mittwochnachmittag ab 16 Uhr eine Führung über das rund 500 Jahre alte Gut anbieten.

Vor der Schmiede rechts führt ein Plattenweg auf eine besonders schöne Strecke durch Felder, vorbei an den reetgedeckten Häusern von Matzwitz und Behrensdorf. Die Luft wird salziger, der Wind stärker: Die Ostsee ist nah. Weiter geht es am kleinen, romantischen Yachthafen Lippe vorbei - ein kurzer Halt lohnt sich - und schon bald ragt ein großes reetgedecktes Haus hinter dem Deich empor. Das Hotel und Restaurant "Genueser Schiff" liegt wunderschön ganz allein am Rand der Hohwachter Bucht.

Zur Meerseite hin stehen große Strandkörbe für die Gäste bereit - einfach ein idealer Platz zum Mittagessen oder für eine Kaffeepause. Kinder haben hier jede Menge Auslauf oder können auf einem alten Fischerboot herumklettern.

Finden Sie das passende Hotel an Ihrem Reiseziel mit der Hotelsuche auf abendblatt.de

Bei heißem Wetter bietet sich natürlich ein Sprung in die Ostsee an. Der Strand von Hohwacht ist feinsandig und selbst im Hochsommer nicht überfüllt.

Vor der Weiterfahrt spazieren wir noch vom "Genueser Schiff" am Meer entlang zur rund 600 Meter entfernten Flunder - dem Wahrzeichen von Hohwacht. Es ist eine 370 m⊃2; große Seeplattform aus Eichenbohlen, die in ihrer Form an den besagten Plattfisch erinnert und als Aussichtspunkt und Veranstaltungsort dient.

Von Hohwacht aus geht es am Großen Binnensee vorbei nach Lütjenburg. Von dort auf die B 430, die mitten durch die Holsteinische Schweiz nach Plön führt. Immer wieder säumen hohe Bäume die Bundessstraße, stolz und herrschaftlich wie die vielen Herrenhäuser, die es hier im Gebiet noch gibt. Die meisten von ihnen sind für die Öffentlichkeit leider nicht zugänglich. So ist auch das Schloss Rantzau auf der rechten Seite nur ein kurzer Blickfang, bevor wir links abbiegen auf eine kleine Kreisstraße in Richtung Grebin und von dort drei Kilometer dem Weg nach Bad Malente folgen.

Das nächste Etappenziel heißt Radlandsichten, ein uriger Bauernhof mitten im Grünen. Er hat einen Hofladen, ein gemütliches Café mit selbstgebackenen Obsttorten, vor allem aber einen wunderbaren Spielplatz und dazu einen Streichelzoo für die Kinder.

Wenn die dann glücklich auf dem riesigen Hüpfkissen springen, sollten Eltern einen Blick in das Haupthaus werfen. Das diente nämlich als Kulisse für die letzten Teile der Immenhof-Filme "Die Zwillinge vom Immenhof" (1973) und "Frühling auf Immenhof" (1974). Die Altenteilerin des Hofes, Ingrid Schumacher, holt gerne ihr Album hervor mit Autogrammfotos von einem jungen Horst Janson und der noch jüngeren Hauptdarstellerin Heidi Brühl.

Hinter dem Ferienhof erhebt sich ein kleiner Berg auf dem ein Hochseilgarten steht, der allerdings nur nach Anmeldung erklettert werden kann. Aber der Blick über die Holsteinische Seenplatte vom Hügel aus ist sensationell und bedeutet schon eine Vorfreude auf das Endziel unserer Tour - die kleine Stadt Eutin. Vorbei an Bad Malente und dem Dieksee führt die Straße L 174 direkt in das Zentrum der sogenannten "Rosenstadt".

Mit der Einsamkeit ist es nun vorbei. Hier ziehen besonders am Wochenende Touristenströme durch die Altstadt bis hin zum Eutiner Schloss. Das trutzige Bauwerk liegt direkt am See und sein verwunschener Park lädt zum Spazierengehen ein. Im Sommer finden auf der Freilichttribüne am See Aufführungen statt. Wir lassen uns jedoch auf einer der Bänke des Brauhauses Eutin direkt am Marktplatz nieder, trinken ein süffiges Tafelbier und genießen das hübsche Panorama der historischen Bauwerke.

Für Urlauber und Segler: Lassen Sie sich alle Wetter und Winddaten im Ostsee SMS-Dienst auf Ihr Handy schicken.