Ahrensburger Politiker lehnen einen Kompromiss mit Delingsdorf mit nur einer Stimme Mehrheit ab. Die Befürworter sind fassungslos.

Ahrensburg. Mit nur einer Stimme Mehrheit haben die Stadtverordneten von Ahrensburg einen Kompromissvorschlag zum Bau der Nordtangente abgelehnt. Während die Gegner der Umgehungsstraße jubeln, sind die Befürworter fassungslos.

"Ich bin schon frustriert über dieses Ergebnis. Für Ahrensburg ist das ein herber Rückschlag", sagt Bürgermeister Michael Sarach. "Damit wird es die Nordtangente nicht geben. Ich sehe da keine Chance mehr." Die Verwaltung werde die Arbeit an dem Vorhaben einstellen. Sarach: "Ich habe ja nicht einmal ein Mandat dafür, weiterzuverhandeln." Der Planfeststellungsbeschluss, den die Kommunalpolitiker im Mai 2011 getroffen hatten, sei nun inhaltsleer und nicht mehr umsetzbar.

Ähnlich bewertet Tobias Koch, Fraktionschef der in der Sache gespaltenen CDU, das Ergebnis. "Das war kein guter Tag für Ahrensburg. Damit wurde dem Vorhaben wohl der Todesstoß versetzt", sagt er. Anstatt über das Kompromissangebot mit Delingsdorf zu entscheiden, hätten sich die Gegner auf eine Grundsatzdiskussion versteift. Koch: "So haben wir eine Zukunftschance vergeben, ohne dass Planungen oder Kosten auf dem Tisch lagen." In der Stadt gebe es eine destruktive Mehrheit, die neue Projekte nicht voranbringe, so Koch. Er spricht damit auch drei Fraktionskollegen an, die gegen den Gebietstausch und eine 750 000-Euro-Zahlung an Delingsdorf gestimmt hatten. Koch: "Jeder Stadtverordnete ist letztlich nur seinem eigenen Gewissen verantwortlich. Die Abstimmung zeigt, dass wir keinen Fraktionszwang haben." Einer der Abweichler, Roland Wilde, mochte sich am Tag nach der Sitzung nicht weiter äußern. "Ich habe aber noch lange über sie nachgedacht", sagt er.

Rafael Haase (SPD) macht das Fehlen einiger Stadtverordneter für das Abstimmungsergebnis verantwortlich: "Es war damit klar, dass CDU und SPD geschlossen abstimmen mussten, um dem Kompromiss zuzustimmen." Das Schlimmste ist für Haase, dass Ahrensburgs Stadtparlament schon lange keine Gestaltungskraft mehr zeige. "Ich bin ratlos und überlege, ob ich überhaupt noch bereit bin, mich hier politisch zu engagieren", sagt Haase.

Ganz anders bewertet Jörg Hansen (Grüne) das Nein zum Kompromiss mit Delingsdorf. "Ich denke, da hat die Vernunft gesiegt. Die besseren Argumente haben sich durchgesetzt", sagt er. Die Debatte habe gezeigt, dass den Befürwortern die Argumente mit der Zeit ausgegangen seien. Hansen: "Da wurden viele Dinge in einen Topf geworfen, die nichts miteinander zu tun haben." Tobias Koch hatte während der Sitzung die Nordtangente als entscheidenden Baustein beschrieben für weitere Vorhaben wie der Erschließung des Neubaugebiets Erlenhofs oder der Erweiterung des Gewerbegebiets Beimoor. Hansen: "Man könnte meinen, alles hänge von dem Bau der Nordtangente ab, sogar, dass Deutschland Fußball-Europameister wird."

Hinrich Schmick, Fraktionschef der WAB, sagt: "Ich sehe das Ergebnis positiv. Die Wählergemeinschaft ist nicht grundsätzlich gegen eine Umfahrung. Sie wird auch kommen. Wir sind aber gegen das Kompromissangebot an Delingsdorf." Priorität habe der Masterplan Verkehr, auf dessen Grundlage eine Gesamtumfahrung geplant werden müsse, so Schmick. "Ich rechne damit, dass die B 75 zu einer Landesstraße umgewidmet wird. Dann ist es Aufgabe Schleswig-Holsteins, eine solche Tangente zu realisieren", erläutert der WAB-Politiker.

Gegen den Bau der Nordtangente ist Thomas Bellizzi (FDP). "Lassen Sie uns das Thema und die leidige Debatte endlich zu den Akten legen", rief er die Kommunalpolitiker auf, gegen den Bau der Umgehungsstraße zu stimmen. Man solle sich nun den wichtigen Dingen in der Stadt zuwenden. "Für mich haben der Erhalt der vorhandenen Straßen, die Entlastung der AOK-Kreuzung an der Hamburger Straße sowie die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs Priorität", sagt Bellizzi. Die Abstimmung sieht er jedoch nicht als endgültiges Aus für die Umgehungsstraße. "Wir haben ein Etappenziel erreicht. Doch kann es sein, dass das Thema bald wieder auf den Tisch kommt. Es gibt ja nach wie vor den Planfeststellungsbeschluss", so der Liberale.

Zufrieden ist auch Stefan Kupffer, Sprecher der Interessengemeinschaft Gartenholz. "Ich begrüße, dass die Einigung mit Delingsdorf so abgelehnt wurde. Es wäre das falsche Signal gewesen, für die Delingsdorfer Infrastruktur solche Summen zu bezahlen", sagt er. "Es war ein spannender Abend mit einer kontroversen Diskussion", sagt Kupffer. Zwar sei die Realisierung der Nordtangente durch die Entscheidung nun schwieriger geworden, meint der Sprecher. "Doch endgültig ist sicherlich nicht entschieden worden. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass erneut mit Delingsdorf verhandelt wird", sagt er. Daher gehe die Arbeit der Interessengemeinschaft weiter.

Aufgeben will auch Tobias Ruprecht von der Interessengemeinschaft Ahrensburg Nord-Ost (Igano) nicht, die für den Bau der Nordtangente ist. "Wir werden auf die SPD und CDU zugehen, um mit ihnen zu sprechen." Er hoffe dann auf eine neuerliche Abstimmung. Ruprecht: "Bei der Sitzung haben etliche Stadtverordnete gefehlt. Mit ihnen hätte es ein anderes Ergebnis gegeben."