Elektrobusse sind Vorzeigeprojekt. Der Einsatz des ersten Fahrzeuges hat sich bewährt. In etwa fünf Wochen werden die nächsten Elektrobusse angeliefert.

Uetersen. Der öffentliche Nahverkehr gilt als umweltfreundliche Alternative zum Auto. Doch selbst der ÖPNV kann noch umweltfreundlicher werden, als er es bislang ist. Davon sind Jürgen Lamla, Geschäftsführer der Kreisverkehrsgesellschaft in Pinneberg (KViP) und Ingrid Nestle, Staatssekretärin im Kieler Ministerium für Energiewende, fest überzeugt. "Der Einsatz von Elektrobussen im Linienverkehr ist inzwischen sinnvoll. Ich sehe eine große Zukunft für diese Technik", sagt Nestle bei ihrem Besuch der KViP in Uetersen. Was sie gesehen und ausgetestet hat, hat sie überzeugt.

"Elektrobusse sind sehr leise, emissionsfrei und funktionieren einwandfrei. Ich wünsche mir, dass diese Technik in Deutschland weiter verfolgt wird. Wir dürfen diese neue Entwicklung nicht verschlafen und international den Anschluss verlieren", sagte Nestle. Und dies nicht ohne Grund. Vorreiter in der Technik der Elektrobusse ist China. "In China wurde der Staat durch die immer stärkeren Smogzustände in den Ballungszentren zum Handeln gezwungen. Das Ergebnis war die forcierte Entwicklung von Elektrobussen", sagt Christian Seitz, Geschäftsführer der Euracom GmbH. Das Unternehmen ist Partner der KViP und hat den vor knapp einem Jahr in Betrieb genommenen Elektrobus entwickelt - eine deutsch-chinesische Koproduktion.

In etwa fünf Wochen werden die nächsten Elektrobusse angeliefert

Seitz findet, dass es nicht verkehrt sei, auf bereits bewährte chinesische Technik zu setzen. "Derzeit versuchen viele, eigene Elektrobusmodelle zu entwickeln, weil es dafür Fördergeld von Bund und Ländern gibt. Bereits entwickelte Technik zu übernehmen und gemeinsam weiterzuentwickeln, ist viel sinnvoller", urteilt Seitz. Das habe die Euracom gemacht.

Das Ergebnis der deutsch-chinesischen Kooperation sei mehr als zufriedenstellend, so KViP-Chef Lamla. "Der Bus hat sich im Alltag hervorragend bewährt. Wir haben ihn sogar bei Minus elf Grad erfolgreich eingesetzt", sagt Lamla. Für die Verkehrsgesellschaft sieht er damit eine neue Ära anbrechen. Die konventionellen Diesel betriebenen Busse sollen zunehmend Elektrobussen weichen. "Wir werden schon in Kürze mit Landrat Oliver Stolz den Start in das Elektrobuszeitalter in Pinneberg einläuten können und damit Maßstäbe setzen", so Lamla.

In vier bis fünf Wochen sollen weitere Elektrobusse aus den Hallen des Firmengeländes in Uetersen rollen. Im Hamburger Hafen sollen die neuen Busse, die aus China kommen, in etwa 14 Tagen per Schiff angeliefert werden. Danach folgt ein Ausbau der Fahrzeuge für den deutschen Markt. "Die Elektrik der Busse, also die Motoren und Batterien sowie die Klimaanlage werden aus China kommen, die anderen Komponenten wie Navigation und Funk kommen aus Deutschland", sagt Seitz.

Die neu georderten E-Busse sind grundsätzlich ähnlich wie der bislang eingesetzte Prototyp, dennoch werden sie einige technische Verbesserungen mit sich bringen. "Mit unserem Testbus haben wir unsere längsten Strecken, die 207 Kilometer lang sind, ohne Probleme absolvieren können. Die Reichweite des Busses ist völlig ausreichend, doch die neuen Busse werden noch effizientere Batterien haben", sagt Lamla. Damit könnten die Ladezyklen für die E-Busse verringert werden.

Etwa fünf Stunden werden an den Ladestationen benötigt, damit die mit 130 Kilowatt elektrischer Leistung und 2500 Newtonmeter Zugkraft ausgestatteten Busse voll aufgeladen sind. "Wir werden daher mehr als eine Ladestation brauchen und werden das Gelände entsprechend umbauen", sagt Lamla. Etwa 500.000 Euro wird das kosten. Eine, wie Lamla zugibt, auch für die KViP nicht geringe Investitionssumme.

Deutlich teurer wären rein theoretisch die Busse selbst. Diese kosten pro Stück 450.000 Euro. Ein konventioneller Diesel-Bus kostet 290.000 Euro. Daher will die Gesellschaft die Busse zunächst leasen und vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt kaufen. Das Modell, so Lamla, rechne sich. "Diese Busse laufen mit ihren Batterien, die etwa 2000 Mal aufgeladen werden können, rund zehn Jahre. Die Betriebskosten können wir im Idealfall um bis zu 20.000 Euro pro Bus und Jahr senken." Denn nicht nur die Energiekosten würden auf ein Drittel zurückgehen gegenüber herkömmlichen Bussen, auch die Wartungskosten würden um bis zu 60 Prozent sinken, denn Elektromotoren gelten als nahezu wartungsfrei.

Deutlich günstigere Verbrauchszahlen im Vergleich zu Dieselbussen

"Angesichts der steigenden Ölpreise ist der Schritt, den wir gehen, richtig", urteilt Lamla. Die Elektrobusse verbrauchen 1,1 Kilowatt pro Stunde. Das entspricht etwa zehn Litern Dieselkraftstoff auf 100 Kilometer. Ein moderner mit Diesel betriebener Bus verbraucht 28 Liter auf 100 Kilometer, ältere Modelle sogar deutlich mehr, Gelenkbusse kommen im Stadtverkehr sogar auf bis zu 50 Litern auf 100 Kilometer. Diese Zahlen würden, so Staatssekretärin Nestle, verdeutlichen, dass der Umstieg auf Elektrobusse nicht nur auf dem Papier sinnvoll sei. "Ich würde es begrüßen, wenn weitere Unternehmen diesen mutigen Schritt gehen und auf Elektrobusse umstellen."