Stadtwerke Wolfsburg sollen die CDU und Politiker auf dem Weg zur Macht unterstützt haben. Ein ehemaliger Mitarbeiter packt aus.

Wolfsburg/Hannover. Im Jahr 2001 gewann überraschend der CDU-Kandidat Rolf Schnellecke in Wolfsburg die Oberbürgermeisterwahl. Organisiert hatte die Wahlkampagne der junge Kommunikationsexperte Markus Karp. Von dem war auch der niedersächsische CDU-Landesvorsitzende Christian Wulff so angetan, dass er ihn wenig später zum Wahlkampfleiter für die Landtagswahl 2003 machte.

In der Parteizentrale waren nicht alle begeistert vom forschen Auftreten des Neuen, aber im Team mit dem ebenfalls neuen Generalsekretär David McAllister brachte Karp Schwung in den Laden. Hinzukam der desaströse Start der rot-grünen Bundesregierung in die zweite Amtszeit. Wulff schaffte es im dritten Anlauf doch noch, wurde Ministerpräsident.

Nun aber birgt plötzlich die Verbindung zwischen dem Bundespräsidenten Wulff und dem Ministerpräsidenten McAllister einerseits und Karp andererseits Zündstoff. Es geht dabei um die Frage, ob die beiden Spitzenpolitiker damals etwas davon mitbekommen haben, wie die Stadtwerke Wolfsburg möglicherweise über Jahre der CDU verbotene Wahlkampfhilfe geleistet haben. Schließlich dreht sich in den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen alles um die Person Markus Karp, der damals Aufsichtsrat war, später Vorstand wurde und der inzwischen auf eigenen Wunsch beurlaubt ist.

Genau vor diesem Hintergrund hat der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Stefan Wenzel, Aufklärung vom heutigen Bundespräsidenten gefordert: "Wir wollen wissen, ob sich Christian Wulff sowohl des Personals wie der finanziellen Ausstattung der Stadtwerke Wolfsburg bedient hat, um sich den Weg an die Macht zu bahnen." Der Sprecher des Bundespräsidenten wollte den Vorgang gestern nicht kommentieren.

Kreszentia Flauger, Vorsitzende der Linksfraktion, sieht den Verdacht erhärtet, dass es sich um Vetternwirtschaft und illegale Parteienfinanzierung handelt: "Da sich die CDU-Spitze um Ministerpräsident McAllister in Schweigen hüllt, ist jetzt der Landtag gefordert, eine Aufklärung der Geschehnisse voranzutreiben."

Ausgelöst hat die Affäre Maik Nahrstedt, langjähriger Pressesprecher der Stadtwerke Wolfsburg. Er schickte gemeinsam mit zwei leitenden Angestellten des Unternehmens ein 14-seitiges Schreiben an den Aufsichtsrat der Stadtwerke, das dem Abendblatt vorliegt. Aufgelistet wird, wie der frühere Aufsichtsrat und jetzige Vorstand der Stadtwerke, Karp, dafür sorgte, dass die CDU auf Kosten der Stadtwerke Wahlkampf machen konnte. Dies gilt für den Wahlkampf des heutigen Wolfsburger Oberbürgermeisters Rolf Schnellecke im Jahr 2001 ebenso wie für den Landtagswahlkampf der CDU 2002/2003. Da war Nahrstedt nach eigenen Angaben regelrecht freigestellt von Dienstpflichten, arbeitete häufig in der CDU-Zentrale in Hannover, war dabei mit seinem Dienstwagen unterwegs. Auch bei einer zweitägigen Klausurtagung des Wahlkampfteams unter Wulff auf der Insel Norderney will er dabei gewesen sein.

Genau an diesen Punkten wird die Opposition nun nach der Rolle von McAllister fragen. Der heutige Ministerpräsident war damals schließlich CDU-Generalsekretär. McAllister hat nach eigenen Angaben nach Bekanntwerden der Vorwürfe den Namen Nahrstedt gegoogelt, sich beim Anblick von Fotos dann an den Mann erinnert. Nach seiner Erinnerung sei Nahrstedt "ab und zu" bei Wahlkampfterminen dabei gewesen: "Eine tragende Rolle hat er im Wahlkampf nicht gespielt."

Der heutige CDU-Generalsekretär Ulf Thiele sagte, die CDU habe dem ehrenamtlichen Helfer Nahrstedt damals seine Fahrtkosten ersetzt und auch nichts zu verbergen: "Die CDU hat ein Interesse an rückhaltloser Aufklärung." Neben Wahlkampfkosten will Nahrstedt auch private Kosten von Karp auf dessen Geheiß über den Arbeitgeber abgewickelt haben. Karp habe zudem Stadtwerke-Anzeigen in den örtlichen Zeitungen von positiver Berichterstattung abhängig gemacht und auch Anzeigen gestoppt, wenn die Berichterstattung nicht seinen Wünschen entsprach.

Laut Nahrstedt sind entsprechend dem Willen von Karp auch zwei "CDU-Helfer" bei den Stadtwerken angestellt worden, um die Parteiarbeit in der Stadt zu verbessern. Wahlkampfhilfen der Stadtwerke habe es danach auch bei Landratswahlen in Niedersachsen und sogar im benachbarten Brandenburg gegeben. Hier arbeitete Karp dann bis 2005 auch als Staatssekretär im Wissenschaftsministerium, ehe er Vorstand der Stadtwerke wurde.

Wolfsburgs OB Schnellecke vermutet, dass Nahrstedt sich nur wegen seiner im August erfolgten fristlosen Kündigung rächen will: "Ich habe die gesamten Kosten meines Wahlkampfes selbst getragen." Die Bundestagsverwaltung prüft inzwischen, ob ein Verstoß gegen das Gesetz zur Parteienfinanzierung vorliegt.