Gerade Hamburg ist verletzlich für Klimafolgen. Fünf Konzepte sollen die Stadt auch zukünftig wasserfest machen.

Der Umgang mit Wasser ist in Deutschland die größte Herausforderung der globalen Erderwärmung. Das betont die gerade beschlossene "Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel" der Bundesregierung. Einige Regionen, etwa Brandenburg, werden im Sommer tendenziell zu wenig Wasser haben. Generell überwiegen jedoch Hochwasserrisiken - in den Flusseinzugsgebieten durch Starkregen, an der Küste zusätzlich durch Sturmfluten. Besonders empfindlich sind dicht besiedelte Gebiete wie der Hamburger Elberaum. Deshalb gilt die Stadt deutschlandweit als am verwundbarsten für Klimafolgen. Doch sie weiß sich zu wehren.

"Wir sind gut auf das steigende Hochwasserrisiko vorbereitet", betont Dr. Olaf Müller, Leiter des Hamburger Hochwasserschutzes beim Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer. "Unsere Sturmflutbemessungsgrenze liegt je nach Lage der Deiche und Mauern bei sieben bis 7,90 Metern - der höchste gemessene Wasserstand 1976 betrug am Pegel St. Pauli 6,45 Meter. Zusätzlich berücksichtigen wir den maximalen Wellenschlag im Hafen von 1,10 Metern." Hamburg hat in seinem fast abgeschlossenen "Bauprogramm Hochwasserschutz" insgesamt 650 Millionen Euro investiert, um die überflutungsgefährdeten Bereiche (etwa ein Drittel der Stadtfläche) wasserfest zu machen.

Dabei kalkulieren die Experten mit einem Meeresspiegelanstieg von 30 Zentimetern in 100 Jahren. Klimaforscher erwarten jedoch für die norddeutschen Küsten einen Anstieg von 55 bis 70 Zentimetern. "Wir prüfen derzeit, ob Anpassungen an den Klimawandel nötig sind", kontert Müller - zumindest reicht das derzeitige Schutzniveau wohl bis Mitte des Jahrhunderts.

Fünf Konzepte kommen zum Einsatz: Insgesamt 107 Kilometer Deiche bilden eine geschlossene Linie entlang der Elbufer - mit einigen wenigen Ausnahmen. So ist der St.-Pauli-Fischmarkt ein- bis zweimal im Jahr überflutet. Hier greife das Konzept "Leben mit dem Wasser", so Müller. "Bei Sturmfluten öffnen wir die Türen der Markthalle und lassen das Wasser einströmen. Anschließend wird gründlich gereinigt." Auch manche Keller der alten Speicherstadt leben seit rund 100 Jahren mit den feuchten Besuchen, die beim Verlassen der Gebäude auf dem Boden feinsandige Spuren hinterlassen.

Im Hafengebiet, etwa in der HafenCity, wird auch das Warft-Prinzip angewendet: Die Gebäude werden so hoch (auf Sockeln oder erhöhtem Gelände) gebaut, dass Hochwasser ihnen nichts anhaben kann. Ein vierter Ansatz ist der Polderschutz, bei dem nur einzelne Gebäude und Anlagen eingedeicht sind. Müller: "Im Hafen gibt es 810 private Fluttore, die von den Eigentümern rechtzeitig geschlossen werden müssen." Als letzter Ausweg bleibt, fünftens, das Elbwasser an Gebäude herankommen zu lassen und sie mit Abdeckungen vor Türen und Fenstern zu schützen.

Weniger Kopfzerbrechen machen Hamburg die Fluss-Hochwasser nach Starkregen oder Schneeschmelze. Die Elbeflut 2002 richtete elf Milliarden der insgesamt 13 Milliarden Euro Hochwasserschäden an, die in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren registriert wurden - im Hamburger Hafen stieg der Wasserspiegel nur um wenige Zentimeter. Ganz anders ist die Lage in Bayern. Dort hat die Landesregierung durchgesetzt, dass bei jedem Hochwasserschutzbau ein Klimaaufschlag von 15 Prozent kalkuliert wird.

Mit Schäden durch Trockenheit muss Deutschland dagegen kaum rechnen - nur 24 Prozent der Wasserressourcen werden überhaupt genutzt. In einzelnen Gebieten, etwa im Land Brandenburg, könnte ausbleibender Niederschlag dennoch Probleme bringen. Eine denkbare Abhilfe sind neben natürlichen Speichern wie Wäldern Reservoirs, in denen Regenwasser für Trockenzeiten aufgefangen wird.

In Flüssen wirkt ein solches Wassermanagement auch gegen zu viel Wasser: "Das Elbe-Hochwasser im Jahr 2006 richtete auch deshalb kaum Schaden an, weil Tschechien die Moldau-Staustufen rechtzeitig abgelassen hatte, sodass sie die Flutwelle abfangen konnten", sagt Dr. Fritz Holzwarth, beim Bundesumweltministerium zuständig für die Wasserwirtschaft. Eine solche Kooperation zwischen Unter- und Oberliegern sei eine wichtige Anpassungsmaßnahme im Umgang mit dem zunehmenden Risiko, so Holzwarth. Eine andere sei die Eigenvorsorge der Bevölkerung: "Alle Beteiligten müssen mitmachen", betont er, denn eine zu hohe Sicherheitserwartung der Bevölkerung an den Staat erhöhe die Verwundbarkeit für Klimafolgen.

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