Mehr als 1900 Jahre lagen die Samen einer Dattelpalme tief unter dem Schutt der ehemaligen jüdischen Festung Masada hoch über dem Toten Meer begraben. Ihre Herkunft ist klar: Als 70 nach Christus die Festung von römischen Legionären belagert wurde, gab es noch große Wälder dieser Palmen, deren Wurzeln 50 Meter tief in den Boden reichen und die damals wertvolle Naturheilmittel lieferten. Es scheint also nicht ungewöhnlich, wenn unter den Trümmern der von den Römern schließlich eroberten Festung ein paar Samen der 5000 Jahre alten Kulturpflanze begraben wurden. Auch als Archäologen bei einer Ausgrabung zwischen 1963 und 1965 die Samen fanden, dachten sie sich dabei nichts. Als aber am 19. Januar 2005, dem jüdischen Neujahrstag des Baumes, israelische Forscher drei Samen aus Masada in vorher sterilisierte Erde pflanzen, geschieht ein kleines Wunder und eine wissenschaftliche Sensation: Acht Wochen später keimt einer der Samen, eine beinahe 2000 Jahre alte Frucht erweist sich als lebendig, Methusalem ist von den Toten auferstanden (Science, Band 320, Seite 1463).

Damit ist der Weltrekord gebrochen, den vorher ein Lotus-Samen hielt, der nach 1300 Jahren noch keimte. Die kleine Palme entpuppt sich zudem als erstaunlich robust. Zwischenzeitlich kämpft sie zwar mit ein paar Blättern, die absterben. Aber da haben die Forscher ja vielleicht nur das Düngen vergessen. Ansonsten gedeiht die Dattelpalme prächtig und überragt im Alter von 26 Monaten mit einer Höhe von 121 Zentimetern ein Menschenkind gleichen Alters deutlich.

Um allen Zweifeln an ihrer Sensation gleich von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen, sichern sich die Wissenschaftler gründlich ab. Erst einmal nehmen Botaniker die Samen unter die Lupe. Deren Urteil ist eindeutig, die Samen gehören zu einem Baum mit dem wissenschaftlichen Namen Phoenix dactylifera, der im Deutschen Dattelpalme genannt wird. Mit der sogenannten Radiocarbon-Methode analysieren Spezialisten dann das Alter zweier an der gleichen Stelle gefundenen Dattelpalmen-Samen. Das klappt meist nicht sehr genau, grob aber sind die beiden Samen rund 2000 Jahre alt. Als einer der drei eingepflanzten Samen dann keimt, geben sie ihm auch den gebührenden Namen "Methusalem".

Methusalem aber hält nicht nur den Weltrekord für das Wiederauferstehen von den Toten, sondern weckt auch einige Hoffnungen bei den Wissenschaftlern. Datteln wurden in der Antike häufig als Mittel gegen Infektionen und sogar bei Tumoren verabreicht. Heute aber sind solche Heilwirkungen verschwunden. Vielleicht hat die Dattelpalme ihre Heilkräfte ja nur in den vergangenen beiden Jahrtausenden verloren, spekulieren manche Forscher. Methusalem könnte daher Datteln als Heilmittel zur Renaissance verhelfen. Nur müsste die kleine Palme dazu weiblich sein. Das aber lässt sich erst feststellen, wenn sie mit acht oder zehn Jahren zum ersten Mal Pollen oder Samen bildet. Ist die Palme weiblich, kann sie mit Pollen männlicher Dattelpalmen befruchtet werden. Wenn an den alten Überlieferungen etwas dran ist, sollten dann auch die Datteln Heilwirkungen zeigen. Aus den Datteln könnte dann die alte Palmenart mit der Heilwirkung zurückgezüchtet werden. Aber auch aus der gibt es neue Medikamente nur, wenn die alten Berichte über Heilwirkungen nicht nur Wunschdenken, sondern wahr sind. Auch ein Methusalem kann keine Wunder vollbringen.