Wer von Helgoland spricht, denkt nicht an Wald. Dabei bilden grüne, rote und braune Großalgen in den Gewässern um die Nordseeinsel beeindruckende Unterwasserwälder.

"Die Bedeutung für das Klima und die Vielfalt des Lebens auf unserem Planeten ist durchaus mit denen terrestrischer Wälder vergleichbar", sagte Dr. Inka Bartsch, die am Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven forscht, kürzlich auf einer Tagung des AWI in Hamburg. "Die Kelbwälder sind ein unterseeischer Dschungel. In den lichtdurchfluteten Küstengewässern binden die Großalgen Kohlendioxid und produzieren Sauerstoff. Sie dienen auch als Futter und sind Lebensraum für viele Tiere. Zwischen 70 und 100 Tier- und Pflanzenarten wachsen auf einer einzigen Braunalge, mehr als 10 000 wirbellose Tiere wurden gezählt." In den Unterwasserwäldern rund um Helgoland wurden bis heute insgesamt 274 Makroalgen-Arten entdeckt und im Herbarium der 1892 gegründeten Biologischen Anstalt Helgoland dokumentiert. Zusammen mit den Langzeitmessungen ist ein einzigartiges Archiv entstanden. Seit 2003 erfassen die Forscher zudem regelmäßig, wie viele Arten wo wachsen. Und sie beobachten, dass der Klimawandel den Lebensraum dieser Pflanzen beeinflusst.

"Die Erhöhung der sommerlichen Wassertemperatur, in den vergangenen Jahrzehnten ist die Oberflächentemperatur um 1,3 Grad Celsius gestiegen, wird für die Arten, die sich im Sommer vermehren, zunehmend zu einem Problem", sagt die Botanikerin. So bevorzugt beispielsweise der Fingertang, der auf tief liegenden Felsen im Helgoländer Felswatt wächst und bis zu zwei Meter lang werden kann, Wassertemperaturen von 18 Grad Celsius. Bereits ein Anstieg um ein Grad Celsius hemmt die Reproduktion von Laminaria digitata. Und bei Temperaturen über 20 Grad Celsius sterben diese Pflanzen ab.

Die stattlichste Alge der Nordsee, der Palmtang, breitet sich hingegen zunehmend aus. Noch können die Algenforscher nicht erklären, warum die zwei bis vier Meter lange Laminaria hyperborea so erfolgreich ist. Doch nicht nur die Temperaturerhöhung, auch heftige Stürme setzen dem Tang zu. So zerstörte der Orkan Kyrill, der im Februar 2007 über Deutschland hinwegfegte, die oberste Algenschicht. "Da die Deckschicht jetzt weggerissen ist, können wir den Unterwuchs genau beobachten. Noch wissen wir nicht, ob diese Algen ohne das schützende Dach überleben werden."

Das Ziel ihrer Arbeit ist, so Bartsch, in einigen Jahren den Helgoländer Felssockel so in einem Computermodell simulieren zu können, dass beispielsweise die Einwirkungen von Klimaveränderungen modelliert werden können. Bis dahin allerdings gibt es noch viele Daten zu erheben.