Wetterphänomen: Es ist bis heute ein Rätsel, warum im Juli 2005 Radarbild und Satellitenbild nicht Übereinstimmten. Waren es unbekannte fliegende Objekte? Waren es geheime militärische Experimente? Die Wissenschaftler sind ratlos.

Hamburg. Was sich am 19. Juli 2005 in etwa drei bis sechs Kilometer Höhe über Hamburg und über ganz Norddeutschland abspielte, das läßt Jörg Asmus vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach bis heute nicht los. Wie so oft habe er auch an diesem Tag Bilder des Niederschlagsradars betrachtet. "Als ich mir die Bilder, die von den 15 deutschen Radarbodenstationen stammten, genauer angesehen habe, entdeckte ich sofort: Hier stimmt etwas nicht. Daraufhin habe ich mir dann die Bilder des Satelliten Meteosat vorgenommen und die Berichte von den Wetterwarten überprüft", erinnert sich der Diplom-Meteorologe im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. Das Ergebnis seiner Analyse war verwirrend: Die Daten paßten einfach nicht zusammen.

Das Radarbild über dem Nordwesten Deutschlands stimmte mit dem dazugehörigen Satellitenbild nicht überein. Denn der deutlich abgesetzte Streifen auf dem Radarfoto, der zunächst wie eine Regenfront aussah, entsprach einfach nicht den Wolkensystemen, die auf den Satellitenfotos zu sehen waren. Letztlich ging an diesem Tag auch kein Regen über Norddeutschland nieder.

Diese mysteriöse Beobachtung löste heftige Diskussionen unter den Offenbacher Meteorologen aus. Jörg Asmus faßte sie schließlich in einen Fachartikel zusammen, der unter Experten für reichlich Gesprächsstoff sorgte. Denn immer mal wieder beobachten die Wetterfrösche in Deutschland, den Niederlanden, aber auch in Kanada eigenartige Radarechos. Unter Radarechos versteht man die von Objekten reflektierten Radarwellen.

Jetzt liegt der Staatsanwaltschaft Bonn sogar eine Strafanzeige wegen Wetterexperimente gegen Unbekannt vor, die der private Wetterdienst Donnerwetter.de eingereicht hat. Diese Experten hatten in Auswertung der Radarbilder am 19. Juli Regen vorausgesagt, der dann aber doch nicht fiel. "Natürlich gibt es ab und zu Wetterprognosen, die nicht eintreffen oder schlicht falsch sind. Das liegt in der Natur der Sache. Doch im Juli 2005 griff jemand in die Natur ein, anscheinend sollte das Wetter oder aber die Wettervorhersagen manipuliert werden", erläutert Donnerwetter.de. Wetterbeeinflussung sei jedoch seit 1977 per Uno-Richtlinie verboten, und deshalb habe man auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

"Aus den Informationen, die mir vorliegen, kann ich nicht schließen, daß es sich hier um eine Wetterbeeinflussung gehandelt hat", sagt hingegen Jörg Asmus und fügt hinzu: Gleichwohl sei es ein äußerst eigenartiges Phänomen, das sie am 19. Juli auf den Radarbildern beobachtet hätten. Da die Radarechos zunächst nicht erklärt werden konnten, wurden sie als "Unbekannte Fliegende Objekte" bezeichnet - "aber nicht im Sinne von Fliegenden Untertassen!" betont der Diplom-Meteorologe ausdrücklich und fügt nachdenklich hinzu, vielleicht beschriebe auch "Unbekannte Schwebende Objekte" das Phänomen besser.

Eines war Asmus an jenem 19. Juli vergangenen Jahres aber sofort klar: Die Echos, die auf den Radarbildern zu sehen waren, stammten sicher nicht von Niederschlagspartikeln wie Regen oder Schnee. An diesen Teilchen werden die ausgesendeten Radarstrahlen der Wetterradargeräte normalerweise reflektiert.

Allerdings käme es häufiger vor, so der Wetterbeobachter, daß auf den Radarbildern auch nichtmeteorologische Ereignisse erfaßt würden. Beispielsweise dann, wenn die Radarstrahlen an Bergspitzen oder von den Rotorblättern der Windkraftanlagen reflektiert werden. "Aber diese Fehlechos bewegen sich nicht. Aber genau das tat das ungewöhnliche Radarecho, das wir beobachtet haben. Es zog über die Bodenradarstandorte Essen, Hannover, Hamburg und Rostock hinweg. Das dauerte rund zehn Stunden", sagt Asmus.

Woher kamen also die "Unbekannten Schwebenden Objekte", die Asmus kurz "Usos" tauft? "Mein erster Gedanke war, die Radargeräte sind gestört", erinnert sich der Meteorologe. Doch die Störung trat an den unterschiedlichen Standorten unterschiedlich auf. "Das Radar fiel damit als Ursache aus. Wir hätten immer den gleichen Fehler beobachten müssen." Er prüfte auch, ob große Mengen Kerosin, die ein Flugzeug nach seinem Start beispielsweise in Amsterdam-Schiphol abgelassen hatte, als Ursache in Frage kamen. Aber Kerosin verdampfe zu schnell. Auch Zugvögel, Gase aus Industrieanlagen oder Turbulenzen in der Atmosphäre schloß der Meteorologe als Ursache für die "Usos" aus.

"Das wahrscheinlichste ist, daß im Rahmen einer Militärübung kleine Teilchen im Bereich der südwestlichen Nordsee in einigen Kilometer Höhe von einem Flugzeug ausgesetzt worden sind", resümiert Jör Asmus. Ihre ursprüngliche Aufgabe sei es gewesen, das "gegnerische" Radar zu irritieren. Allerdings hätten Nachfragen bei der Bundeswehr ergeben, daß zu dem fraglichen Zeitpunkt in der Region keine Übungen stattgefunden haben sollen, räumt er ein. "Vielleicht hat auch ein Institut die Teilchen in die Luft geschickt, um Computermodelle über die Ausbreitung von Teilchen zu überprüfen", sagt Asmus, der immer noch hofft, daß die wahre Ursache für seine "Usos" eines Tages entdeckt wird.