Viele fasten, um den Körper zu entschlacken. Dabei gibt es nach fast einhelliger Ansicht von Fachleuten keine Abfallstoffe, von denen der Körper befreit werden müsste. Anbieter von Kuren und Hilfsmittelchen sehen das aber anders.

Die Botschaft klingt bedrohlich: "Industriell gefertigte Lebensmittel mit chemischen Zusätzen und das Überangebot an Nahrungsmitteln mit tierischen Fetten und Eiweißen überfordern den Darm und führen dazu, dass er mit der Ausschwemmung der Giftstoffe nicht mehr nachkommt. Die Stoffwechselprodukte lagern sich an den Darmwänden und im Zwischenzellbereich ab, und der Körper verschlackt." So wird im Internet für eine Heilfasten-Kur geworben. Viele Anbieter haben es auf die ominösen Schlacken abgesehen.

Nach Angaben der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik (GED) in Aachen unterziehen sich im deutschsprachigen Raum jährlich 7000 bis 8000 Patienten in sechs speziellen Fasten-Kliniken sowie zahlreichen Sanatorien und Kliniken für Naturheilweisen einer Heilfasten-Kur. Mit 30 Millionen weitaus größer sei die Zahl derer, "die insbesondere im Frühjahr ohne ärztliche Aufsicht mithilfe von Erfahrungsberichten oder Ratgeber-Büchern versuchen, möglichst viel und schnell abzuspecken", berichtet der Ernährungswissenschaftler Thomas Reiche von der GED und warnt vor Risiken des Fastens - etwa unerwünschtem Abbau von Muskeleiweiß auch im Herzmuskel.

Wer fastet, tut es häufig auch, um seinen Körper von "Schlackenstoffen" zu befreien. Manche Naturheilkundler und Alternativ-Mediziner bezeichnen damit solche Zwischen- oder Endprodukte des Stoffwechsels, die sich angeblich im Gewebe angelagert haben, weil sie nicht verwertet oder ausgeschieden werden konnten. Das Entschlacken, etwa in der Sauna, beim Fasten oder durch Einläufe soll den Körper innerlich reinigen.

Doch das ist nach Ansicht der meisten Experten Humbug. "Im Stoffwechsel des Menschen fallen keine Schlackenstoffe an", sagt Isabelle Keller, Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Der Organismus sei imstande, "alle Endprodukte des Stoffwechsels über Niere, Darm, Lunge oder Haut auszuscheiden". Wasser, Kohlendioxid, Harnsäure und Ammoniak landen in der Toilette.

Das sieht auch Professor Hans-Joachim Zunft vom Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke so. Der gesunde Körper entsorge "normalerweise alles, was er an Eiweißen, Kohlehydraten und Fetten aufnimmt". Selbst viele fettlösliche Schadstoffe scheide er aus oder baue er mit der Zeit ab.

Schwitzen in der Sauna und Fasten könne etwa aus seelischen Gründen heilsam sein, Schlacken würden so nicht beseitigt. Dies zu behaupten, sei "Blödsinn".

Kein Wunder, dass auch die Stiftung Warentest zu dem Schluss kommt, die ominösen Schlacken existierten bisher "nur in der Theorie". Sie hätten sich "weder im Mikroskop noch bei Laboruntersuchungen oder sonst wie auffinden lassen".

Ernährungsmediziner Hans Konrad Biesalski, Direktor des Instituts für Biologische Chemie und Ernährungsmedizin an der Universität Stuttgart-Hohenheim, bestätigt dies: "Da es im menschlichen Organismus keinerlei Schlacken gibt, ist das Konzept der Entschlackung ein reines Wunschdenken."