Mit den neuesten Geräten können Kardiologen jede Engstelle in den Herzgefäßen feststellen. Einem Marathonläufer rettete dies wahrscheinlich das Leben. Ihm wurden zwei Stents eingesetzt. Er lief kurz darauf beim Rennen in Dubai mit.

Arno Reglitzky (71) ist leidenschaftlicher Marathonläufer. Wer wie er die Strecke von 42,195 Kilometern hinter sich bringt, und das in gut drei Stunden, der wundert sich nicht, wenn auf den ersten Kilometern zeitweise mal ein Engegefühl in der Brust zu spüren ist. "Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mich deshalb von einem Herzmediziner untersuchen zu lassen", sagt er. Aber ein befreundeter Hausarzt riet ihm dennoch dazu, auch wegen der leicht erhöhten Cholesterinwerte.

So ließ sich Arno Reglitzky aus dem Heideort Buchholz im Präventivum Hamburg in Stellingen untersuchen. Das geht ganz schnell, habe ihm sein Hausarzt versichert. Denn dort steht Norddeutschlands einziger Dual-Source-CT, ein Hightech-Computertomograf der neuesten Generation, von dem bundesweit erst wenige Geräte im Einsatz sind, die meisten in Süddeutschland.

Dieser CT ist schneller als jedes schlagende Herz. Er produziert Einzelbilder im Takt von Millisekunden. "Die zeitliche Auflösung von nur 83 Millisekunden ist so hoch, dass der Herzschlag eingefroren ist", schwärmt Radiologie-Facharzt und Privatdozent Dr. Jörn Sandstede vom Hamburger Röntgenzentrum Schäferkampsallee.

Das Ergebnis: Das zwei Millionen Euro teure System liefert eine exakte Darstellung der Herzkranzgefäße, zeigt Kalkablagerungen, deren genaue Stärke und offenbart mögliche Schwachstellen in den Gefäßen.

Die Auswertung der Bilder des Patienten Arno Reglitzky alarmierte seine Ärzte. Der Hamburger Kardiologie-Professor Dr. Joachim Schofer erkannte eine "Zeitbombe in seinem Körper". Zwei hochgradige Engpässe, sogenannte Stenosen, in den Gefäßen auf beiden Seiten seines Herzens machten einen Eingriff schnell erforderlich.

Schon am nächsten Tag schob der Kardiologe über einen Katheter an der Leiste zwei Mini-Gefäßstützen (Stents) an die verengten Stellen und schuf damit wieder einen weitgehend ungehinderten Durchfluss des Blutes. Denn wenn die Kranzgefäße verengt sind, wird das Herz nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Schofer: "Dann drohen ein Herzinfarkt oder sogar ein plötzlicher Herztod."

Marathonläufer mit verengten Herzkranzgefäßen sind besonders auf den letzten Kilometern der Mammutstrecke gefährdet. Denn dann ist der Körper unter der Dauerbelastung geschwächt, und der Stoffwechsel leidet unter der Extrembelastung.

Arno Reglitzky überstand den Eingriff an seinem Herzen ohne Komplikationen. "Ich fühlte mich überhaupt nicht krank", sagt er.

Trotz dieses unerwarteten Ereignisses wollte er nicht auf den geplanten Marathonlauf verzichten. Drei Wochen später startete er im Wüstensand von Dubai, "auf eigenes Risiko", betont Schofer. Sein Patient sagte nach dem Lauf: "Ich fühlte mich fit und lief sogar freier als sonst." In seiner Altersklasse wurde er mit Abstand Erster.

Trotz seiner ungewöhnlichen Laufleidenschaft ist die Krankengeschichte von Arno Reglitzky typisch für viele Menschen im höheren Alter. Sie haben keine dauerhaften Schmerzen, kennen kein Engegefühl in der Brust als Warnzeichen und sind trotzdem von einem Infarkt bedroht. Denn sie haben verengte Gefäße, von denen sie nichts wissen, die aber im Extremfall lebensbedrohlich sein können.

Wenn Symptome nur sehr schwach ausgeprägt sind, gibt es keinen Grund, die Risiken einer Katheteruntersuchung einzugehen. Zumal man bei einer Vielzahl der Untersuchten nur bestätigt bekäme, dass keine Behandlung notwendig ist. Wenn jedoch Risikofaktoren im Spiel sind, zum Beispiel erhöhte Cholesterinwerte, Übergewicht, Nikotingebrauch oder Herzerkrankungen in der Familie, kann es im Zweifelsfall ratsam sein abzuklären, in welchem Zustand die Herzkranzgefäße sind.

Keine Alarmzeichen, keine vorherigen Symptome - das ist typisch für mehr als 40 Prozent der Todesfälle, die durch eine Erkrankung der Herzkranzgefäße verursacht werden. Fast 150 000 Menschen sterben in Deutschland im Jahr daran. Schofer: "In den meisten Fällen ließe sich dies durch eine frühzeitige Diagnostik vermeiden."

Der Dual-Source-Computertomograf ist auf Herzdiagnostik spezialisiert, "eine neue Ära in der Bildgebung", sagt Sandstede. Das Gerät vereinigt mit zwei Strahlenquellen die Leistung von zwei Tomografen, halbiert jedoch die Belastung der Röntgenstrahlung für die Patienten. Auch reicht eine geringere Menge an Kontrastmittel, was zudem die Nieren der Untersuchten schont.

Auch zur Kontrolle von Bypässen eignet sich die Methode. Jahre nach einer Bypass-Operation ist es wichtig abzuklären, ob die Bypässe ihre Funktion noch erfüllen. Dies ist heute auch bei Patienten mit Rhythmusstörungen wie Vorhofflimmern möglich. Sandstede über das neue CT: "Mit ihm kann ich jeden Fall exakt diagnostizieren, sogar wenn der Patient mit einer hohen und unregelmäßigen Herzfrequenz kommt. Alle Bilder sind für die Diagnosestellung gestochen scharf."

Der Computer stellt die innerhalb von zehn Sekunden (in denen der Patient die Luft anhalten muss) gesammelten Daten zu anschaulichen Bildern zusammen. Die Aufnahmen einzelner Herzschläge zeigen den Radiologen auch, ob ein Herzfehler vorliegt.

Patienten, die Angst davor haben, in eine enge Röhre geschoben zu werden, profitieren von dem offenen Ringsystem. Ihr Kopf bleibt bei der Untersuchung außerhalb des Gerätes, die Patienten werden auf einer Spezialliege mit den Füßen zuerst in das System geschoben. Der gesamte Untersuchungsvorgang dauert nur zehn Minuten.

Obwohl diese auf Herzuntersuchungen spezialisierte CT-Technologie "eine entscheidende Weiterentwicklung ist", so Sandstede, ersetzt sie doch nicht generell Katheteruntersuchungen. Denn bei diesem invasiven Eingriff kann eine mögliche Engstelle in den Gefäßen nicht nur unmittelbar vom Kardiologen beobachtet, sondern durch eine sofort eingeleitete Therapie auch gleich geweitet werden. Die CT-Aufnahme sei jedoch sinnvoll, "um frühzeitig ein Herzinfarktrisiko mit Sicherheit auszuschließen", sagt Sandstede. Die Untersuchung mit dem CT kostet etwa 450 Euro, die von den gesetzlichen Kassen nur in Ausnahmefällen übernommen werden. Eine Untersuchung im Präventivum - einer Gemeinschaftseinrichtung des Röntgenzentrums Schäferkampsallee und des Universitären Herz- und Gefäßzentrums Hamburgs (Prof. Mathey, Prof. Schofer und Partner) - erfolgt nur, wenn sich ein Arzt von der Notwendigkeit dieser Untersuchung überzeugt hat.