HAMBURG. Der Mensch wird, selbst wenn er nicht danach lebt, von einer inneren Uhr gelenkt. In jeder Körperzelle tickt dabei eine eigene Uhr, und alle diese Uhren werden auf einen 24-Stunden-Rhythmus koordiniert. Das Erstaunliche ist, wie dieses komplexe Uhrwerk, dessen Zentrale ein winziger Zellhaufen im Gehirn ist, in uns gesteuert wird. Das entdeckten jetzt US-Wissenschaftler.

Obwohl an diesem wirklich komplexen Vorgang zahlreiche Gene beteiligt sind, wird der ganze Mechanismus letztlich nur von einer einzelnen Aminosäure kontrolliert. Zu diesem überraschenden Ergebnis kamen Forscher um Prof. Paolo Sassone-Corsi von University of California (Irvine, USA), schreibt die Zeitschrift "Ärztliche Praxis" (www.aerztlichepraxis.de).

Nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler bedarf es nur der Modifikation einer einzelnen Aminosäure, um eine Kette von genetischen Ereignissen auszulösen. Sie alle regulieren die innere Uhr, sorgen somit dafür, dass diese im richtigen Takt tickt. Wenn aber die Aminosäure falsch wirkt, kann der Schaltermechanismus aus dem Gleichgewicht geraten und damit das ganze System gefährden. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher kürzlich in der britischen Wissenschaftszeitschrift "Nature". "Es ist absolut faszinierend, wie genau die molekulare Kontrolle in der Biologie ist", staunt Sassone-Corsi.

Eine Störung dieses inneren Rhythmus kann die Gesundheit entscheidend beeinflussen. So soll chronischer Schlafmangel die Entstehung von Depressionen, Herzerkrankungen, Krebs oder auch neurodegenerativen Erkrankungen fördern. Die Erkenntnisse der US-Forscher könnten jetzt neue Ansätze für eine Therapie bieten. Der Mechanismus sei so spezifisch, so Sassone-Corsi, dass er ein perfektes Ziel für Medikamente zu sein scheine. Derzeit werden Antikörper getestet, die die Aktivität dieser Aminosäure beeinflussen sollen.

Die innere Uhr ist ein höchst empfindlicher Mechanismus. Er bestimmt zahlreiche Körperfunktionen - nicht nur Schlaf, auch Stoffwechsel und Verhalten zählen dazu. Knifflige Aufgaben und Prüfungen bewältigen wir übrigens morgens zwischen zehn und zwölf Uhr am besten.