In dem asiatischen Land kommen vom Aussterben bedrohte Tiere auf den Teller. Nur langsam wird gegen die verbotene Speise vorgegangen.

Kyaikto. Nicht alle streben nach Erleuchtung, wenn sie den Goldenen Fels besuchen. Viele treten die Reise an eine der heiligsten buddhistischen Stätten Birmas wegen einer ganz besonderer Delikatesse an: In einigen Restaurants rund um den Felsen kommen vom Aussterben bedrohte Wildtiere auf die Teller.

Gegessen werden Affen, Schlangen und Otter, aber auch Stachelschweine, Fischkatzen, Sonnenbären und Muntjaks – auch bekannt als bellende Hirsche. „Das Fleisch wird frittiert, gekocht, geräuchert oder in einer leckeren Curry-Soße serviert“, sagt Restaurantbesitzer Shan Lay. „Ein kleines Gericht kostet 5000 Kyat (4,35 Euro), ein mittleres 8000 Kyat und ein großes 10 000 Kyat.“

Die meisten Pilger haben keine Bedenken, die gefährdeten Tiere zu essen. Vor allem Chinesen und Angehörige der Volksgruppe der Shan - der größten Minderheit im Vielvölkerstaat Birma – hauen sich die Mägen voll, erzählen Restaurantbetreiber. „Wenn die Chinesen kommen, sind die Fleischvorräte rasch ausverkauft“, sagt Ma Ma. „Sie bestellen sogar lebende Schlangen.“

Das Fleisch kommt aus dem Dschungel im benachbarten Karenstaat an der Grenze zu Thailand. „Wir kaufen die Wildtiere von professionellen Jägern“, erzählt Ma Ma. Sie gehören den Karen an, der zweitgrößten Bevölkerungsgruppe Birmas, berichtet er. Jahrelang kämpften die Karen für ihre Unabhängigkeit. Ihre Dschungelkrieger galten als brutal und kompromisslos. „Sie jagen so viel wie wir wollen“, sagt Ma Ma. Wilderer und illegale Holzfäller treiben seit Jahrzehnten ihr Unwesen in den von den Karen kontrollierten Landstrichen.

Nicht nur auf dem heimischen Markt sind Wildtiere gefragt. Auch der Export in Länder wie China, Thailand und Laos blüht, berichten Tierschützer. In Birma selbst sind Restaurants, wie die am Goldenen Fels, keine Ausnahme. „Wildtier-Restaurants findet man immer in der Nähe von Wäldern“, sagt der Umweltschützer Win Aung. Je mehr Wälder abgeholzt werden, desto schutzloser würden die Tiere, sagt er.

Das genaue Ausmaß des Handels mit den Wildtieren ist aber unbekannt. Jahrelang war das von einer Militärjunta regierte Land international geächtet und durch wirtschaftliche Sanktionen isoliert. „Wir sind spät dran in Birma“, sagt Steven Galster, Gründer und Direktor von Freeland Foundation, einer in Bangkok ansässigen Organisation, die gegen den illegalen Handel mit Tieren und Menschen in Asien kämpft. „Die Sanktionen haben uns außen vor gelassen.“

Birma war seit 1962 eine Militärdiktatur. Die letzte Junta startete eine vorsichtige Öffnung mit gelenkten Wahlen im Jahr 2010. Thein Sein, ihr einstiger Regierungschef, wurde Präsident und überraschte Skeptiker mit seinem Reformeifer. Seither versucht Thein Seins Regierung auch, die Wilderei und den illegalen Handel in den Griff zu bekommen. Doch der Fortschritt geschieht langsam.

Im vergangenen Jahr habe es in Restaurants und Schutzgebieten immer wieder Überraschungskontrollen gegeben, sagt ein Mitarbeiter der Forstwirtschaftbehörde. Seinen Namen will er nicht preisgeben. In diesem Jahr solle es mehr Kontrollen geben, kündigt er an. „Das größte Problem ist aber der Mangel an Personal und Finanzierung.“