Der globale Treibhausgasausstoß wächst immer weiter – was kann man dagegen tun? Heute beginnt in Doha der Uno-Gipfel.

Doha/Hamburg. Der Uno-Klimagipfel führt die gut 15 000 Teilnehmer in diesem Jahr in die Höhle eines (zugegeben kleinen) Löwen: Das 1,7 Millionen Einwohner zählende Emirat Katar hat den größten Umweltverbrauch der Welt. Jeder seiner Bürger stößt jährlich 31 Tonnen Kohlendioxid (CO2) aus (US-Amerikaner: 17,3 t/a, Deutsche 9,9 t/a, Chinesen 7,2 t/a). Katar verdankt seinen Reichtum großen Vorkommen von Öl und Gas - fossilen Brennstoffen, die Teil des Klimaproblems sind, um dessen Lösung von heute an zwei Wochen lang gerungen werden wird.

Die Ausgangsposition des Gipfels ist seit Jahren dieselbe: Einige Vorreiterstaaten, allen voran die Europäische Union, setzen sich dafür ein, dass der internationale Klimaschutz Fahrt aufnimmt. Die Gruppe der damals 15 EU-Mitglieder, für die das Kyoto-Protokoll eine Reduktion ihres Treibhausgasausstoßes von acht Prozent vorsieht, hat dieses Ziel übererfüllt: Das Minus liegt derzeit bei 18 Prozent. Dazu trägt auch Deutschland bei. Die politische Vorgabe beträgt minus 21 Prozent, 2011 waren es real minus 26,5 Prozent.

Im globalen Maßstab wächst der Treibhausgasausstoß jedoch weiter. Vor wenigen Tagen meldete die Weltorganisation für Meteorologie Rekordwerte der Treibhausgasgehalte in der Atmosphäre, allen voran Kohlendioxid, Methan, Lachgas. Und die Weltbank präsentierte eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, nach der sich die Erde bis Ende dieses Jahrhunderts um vier Grad erwärmen könnte, wenn der Emissionstrend anhält - ein Temperaturanstieg von maximal zwei Grad gilt als gerade noch verkraftbar für Mensch und Natur.

"Mit der Erwärmung werden Temperaturextreme, Hitzewellen, Starkregen und Dürren voraussichtlich zunehmen. Deshalb sind die Risiken einer Vier-Grad-Welt sehr viel höher als die einer Zwei-Grad-Welt", heißt es in dem Weltbank-Bericht. Die meisten Regionen werden in der Lage sein, sich an veränderte Bedingungen anzupassen, so der Bericht. Doch Weltbank-Präsident Jim Yong Kim warnt in dem Vorwort des Papiers: "Es ist lebenswichtig für das Wohl der menschlichen Gemeinschaften, Wege zu finden, um das Vier-Grad-Szenario zu vermeiden. Es würde alle Regionen der Welt beeinträchtigen, doch gerade die Ärmsten und Verletzlichsten würden am stärksten getroffen werden."

Auf dem Doha-Gipfel werden die Delegierten der 195 Vertragsstaaten der Klimakonvention Weichen für die Zukunft stellen. Zunächst gilt es, konkrete Punkte zur Weiterführung des Kyoto-Protokolls von 2013 an festzulegen. Bislang haben sich unter anderem die EU, Schweiz, Norwegen, Kroatien, Kasachstan, Ukraine, Weißrussland und Australien zum Folgeabkommen Kyoto 2 bekannt. Gemeinsam sind sie jedoch nur für rund 15 Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich. Immerhin nehmen sie aber die Forderung ärmerer Staaten ernst, dass Industrieländer weiterhin einen Schritt vorangehen sollten. Dagegen fehlen große Industriestaaten wie die USA, Russland, Kanada, Japan und Neuseeland - und der weltweit größte CO2-Emittent China.

Im nächsten Schritt soll bis 2015 ein globaler Klimavertrag entstehen, der unter anderem auch die USA, China und Indien verpflichtet, ihre Emissionen zu begrenzen. Er könnte 2020 in Kraft treten. In Doha müsste dazu ein Fahrplan ausgearbeitet werden, nach dem das neue Vertragswerk in drei Jahren fertiggestellt und dann auf dem Klimagipfel im Jahr 2015 verabschiedet werden kann. Weiterhin geht es um konkrete Finanzzusagen für ärmere Staaten; sie sollen zusätzliches Geld für Klimaschutzmaßnahmen erhalten und auch dabei unterstützt werden, sich an den Wandel anzupassen. Von 2020 an sollen jährlich 100 Milliarden Dollar (78 Milliarden Euro) fließen. Ein wichtiges Instrument ist der Grüne Klimafonds, dessen institutionelle Regeln in Doha komplettiert werden sollen. Neue Geldquellen könnten beispielsweise erschlossen werden, wenn der Flug- und der Schiffsverkehr in den internationalen Klimaschutz einbezogen werden, etwa in dem sie in den entstehenden Emissionshandel integriert werden.

In Europa wird bereits mit Emissionsrechten gehandelt. Allerdings gibt es derzeit ein Überangebot. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) fordert, überschüssige Zertifikate stillzulegen. Gleichzeitig möchte Russland künftig Gutschriften für mehrere Gigatonnen CO2 verkaufen. Das Land darf laut Kyoto-Protokoll 2012 ebenso viel Kohlendioxid ausstoßen wie 1990, hat aber wegen des wirtschaftlichen Zusammenbruchs geringere Emissionen. Die EU und Entwicklungsländer lehnen das russische Ansinnen ab.

Eine wichtige Rolle beim Klimaschutz spielt die Landnutzung, allen voran der Umgang mit den Wäldern. Werden sie zerstört, so können sie kein CO2 mehr aufnehmen, und der in den Böden und in den Bäumen gespeicherte Kohlenstoff wird als Kohlendioxid oder Methan frei. Deshalb werden Entwicklungsländer finanziell belohnt, wenn sie ihre Rodungsraten reduzieren. Und Industrieländer, die ihren Treibhausgasausstoß nach dem Kyoto-Protokoll senken müssen, dürfen es sich anrechnen lassen, wenn sie eine Wald- und Holzwirtschaft betreiben, durch die weniger Kohlenstoff freigesetzt wird.

Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts, sieht die Megakonferenz in Doha nur als klimapolitische Durchgangsstation, als Plattform, "um über neue Allianzen nachzudenken und diese auszutesten". Aus seiner Sicht würde eine kleine Runde aus 300 Verhandlern ausreichen.

Wie bedeutend der Doha-Gipfel tatsächlich wird, wird sich in der zweiten Konferenzwoche entscheiden, wenn zum 4. Dezember Minister und Staatsoberhäupter anreisen werden. Dann beginnt im Wüstenstaat Katar die heiße Phase der Verhandlungen.