Unbehandelt führt die Erkrankung zur Blindheit. Ein einfacher Vorsorge-Check kann das verhindern.

Als der Hamburger Augenarzt Dr. Udo Heuer bei einem Routinecheck den Sehnerv seiner 50 Jahre alten Patientin überprüfte, bemerkte er eine Art Kuhle, so als würde an der schwächsten Stelle etwas herausgedrückt. Für den Fachmann ein Warnzeichen, auch wenn die Patientin bisher nicht das Gefühl hatte, ihre Sehkraft habe nachgelassen. Die schnelle und schmerzfreie Messung des Augeninnendrucks ergab einen stark erhöhten Wert - ein deutliches Warnzeichen für die Erkrankung, die so harmlos klingt: grüner Star (Glaukom). Unbehandelt führt sie zur Erblindung. Und die Gefahr ist groß.

Experten schätzen, dass es außer den bundesweit rund 500 000 Grüner-Star-Patienten weitere 2,5 bis drei Millionen unerkannte Fälle im Land gibt.

Viele könnten vor der Blindheit bewahrt werden. Denn wenn der Augenarzt die Symptome erkannt hat, lässt sich mit Augentropfen der erhöhte Augeninnendruck oft auf einen harmlosen Wert herunterfahren und die Durchblutung verbessern. Die Gefahr ist damit fürs Erste gebannt.

Schlimmer sind die Schäden, die bereits am Sehnerv entstanden sind. Denn dessen empfindliche Fasern kann kein Mediziner nicht wiederherstellen. Die Folge: blinde Flecken im Gesichtsfeld und eine nachlassende Sehschärfe.

Das Fatale: Nur bei einem akuten Druckanfall spüren die Patienten den erhöhten Augeninnendruck, etwa weil der Augapfel schmerzt oder sich rot verfärbt. Bei solchen Alarmzeichen sollte schnell ein Augenarzt nach den Ursachen suchen. "Doch meist merken die Betroffenen nichts", sagt Dr. Heuer. "Sie haben keine Schmerzen und können lange Zeit normal sehen." Gerade deshalb sei eine regelmäßige Vorsorge so wichtig.

Was sind die Ursachen des grünen Stars? Dr. Heuer: "Es kommt durch normale Ablagerungen in dem sogenannten Abfluss (Trabekelwerk des Schlemmschen Kanals), der aus schwammähnlichen Poren besteht, zu einer langsamen Verstopfung." Eine besonders ausgeprägte Variante ist das sogenannte Pex-Syndrom (Pseudoexfoliationssyndrom), auf das jedes vierte Glaukom zurückgeht. Dabei entstehen Eiweiß-Ablagerungen (Proteine) auf der Linse, die, wenn sie sich lösen, auf den Boden des Kammerwinkels im Auge fallen. Hier blockieren sie den Abfluss des Kammerwassers, "wie ein verstopftes Sieb", erklärt Heuer. Auch dieses Leiden trifft vermehrt Ältere.

Wie geht der Augenarzt vor, wenn er den Augeninnendruck misst?

Dazu gibt es mehrere Methoden. Die Genaueste ist die sogenannte Applanationstonometrie. Der Patient bekommt einen Tropfen eines leichten Betäubungsmittels ins Auge, das mit einem Farbstoff versehen ist. Mit einem Spezialgerät kann der Mediziner dann den Augeninnendruck ablesen, wobei auch die Dicke der Hornhaut mit einer Zusatzuntersuchung berücksichtigt werden kann. Dies ist wichtig, weil bei einer zu dicken Hornhaut ein zu hoher Augendruck gemessen wird und bei einer zu dünnen ein zu niedriger. Dr. Heuer: "Dies ist, nebenbei, eine Besonderheit, die speziell bei Patienten, die sich einer Hornhautlaseroperation zur Beseitigung der Brille unterziehen, wichtig. Denn bei dieser Lasik wird die Hornhaut verdünnt. In der Folge bestimmt man hier immer einen besonders niedrigen, guten, aber falschen Wert."

Eine alternative Art der Messung ist die sogenannte Non-Contact-Tonometrie, also eine Messung, bei der das Auge nicht berührt wird. Die Verformung der Hornhaut wird dabei ohne Betäubung mit einem Luftstoß gemessen. Allerdings sind die Werte nicht ganz so genau wie bei dem anderen Verfahren und dienen deshalb meist nur zu einer ersten Einschätzung. Bei Erwachsenen gilt ein Wert niedriger als 20 Millimeter Quecksilbersäule (mm Hg) als normal und unauffällig, wobei es Ausnahmen gibt.

Wenn mit Augentropfen der Innendruck des Kammerwassers nicht gesenkt werden kann, ist auch eine Operation möglich.

Das Standardverfahren ist hier die sogenannte Trabekulektomie. Bei dem Eingriff wird aus den Strukturen des Auges eine Art Ventil gebildet und ein Abflussloch und ein Ventildeckel angelegt. Das Kammerwasser fließt so durch das Loch unter die Bindehaut, wo es vom Körper aufgenommen wird. An dieser Stelle entsteht ein mit Flüssigkeit gefüllter Hohlraum, ein sogenanntes Sickerkissen. Um zu verhindern, dass die Iris das Abflussloch verlegt, wird während der Operation ein kleines Irisstück im Bereich des Abflusslochs entfernt (Iridektomie).

Seltener wird zur Senkung des Augeninnendrucks ein Drainageimplantat eingesetzt, ein Mini-Schlauch in die Vorderkammer des Auges, das mit einem kleinen Hohlraum verbunden ist, meist aus Silikon, über den die Flüssigkeit unter die Bindehaut abfließen kann. Die Operationen werden meist mit lokaler Betäubung ambulant durchgeführt und dauern etwa 30 bis 40 Minuten.

Die Woche des Sehens, 8.-15.10.09, Motto: "Blindheit verstehen. Blindheit verhüten". Termine in Hamburg (kostenlos): Infotag für Patienten mit Augen-Erkrankungen, 10.10., 10-17 Uhr, Optiker, Hersteller, Selbsthilfegruppen stellen Produkte und Dienstleistungen vor, mit Vorträgen, Louis-Braille-Center, Holsteinischer Kamp 26 (Nähe U-Bhf. Hamburger Straße); Asklepios-Klinik Barmbek, Besichtigung der Augenklinik, 15.10., 17-21 Uhr.