Die Lagerhalle liegt am Rande eines Kölner Wohngebiets. An der Zufahrt wachen Mitarbeiter des Ordnungsamtes und eines Sicherheitsdienstes. Im Wind...

Die Lagerhalle liegt am Rande eines Kölner Wohngebiets. An der Zufahrt wachen Mitarbeiter des Ordnungsamtes und eines Sicherheitsdienstes. Im Wind flattert ein rot-weißes Absperrband mit der Aufschrift "Feuerwehr-Sperrzone", unter einem Vordach machen Männer und Frauen in weißen Schutzanzügen eine Zigarettenpause. Hierhin werden die Trümmer aus dem zerstörten Stadtarchiv gebracht.

Der genaue Standort soll auf Bitten der Stadt geheim bleiben. Andernfalls sei das geborgene Kulturgut nicht mehr sicher. Auch die Archivleiterin Bettina Schmidt-Czaia hat große Sorge, "dass etwas abhandenkommen könnte".

Im Innern liegen Schutthaufen. Zwar achten Helfer an der Unglücksstelle darauf, dass die Baggerschaufeln keine Archivalien auf die Lkw kippen. Aber das gelingt nicht immer. Deshalb wird der Schutt in der Halle ein zweites Mal sortiert, bevor die Trümmer auf dem Müll landen. Zuerst machten 30 Mitarbeiter der freiwilligen Feuerwehr diese Arbeit, unter Leitung von Thomas Adenauer (47) von der Berufsfeuerwehr Bonn. Am Montag übernahmen Historiker: 54 Fachhochschüler und Referendare der Archivschule Marburg sowie 20 Mitarbeiter der Landesarchive. In Schutzanzügen hocken sie auf den Trümmern und drehen jeden Stein um. Die Archivleiterin verkündet erste Erfolge: Rechnungsbücher aus dem 16. und 17. Jahrhundert seien aufgetaucht, Pergamentfaszikel aus dem Spätmittelalter, Siegel, Reichskammergerichtsakten aus der frühen Neuzeit. Mittags fischen Studenten eine handschriftliche Abhandlung von Albertus Magnus heraus: "De animalibus", über die Tierwelt. Francesco Roberg (34) ist einer der Freiwilligen aus Marburg. Der promovierte Historiker kennt sich mit Mittelalter-Urkunden aus. "Diese uralten Schriftstücke hier zu sehen schmerzt mich", sagt er. Sechs bis zwölf Wochen kann das Sortieren noch dauern.