Welch Segen, dass die Freunde weit weg sind. Und nicht Augenzeugen sein können, wie sich ihr Kumpel in eine Prärieblume verwandelt. Leotie, blühende...

Welch Segen, dass die Freunde weit weg sind. Und nicht Augenzeugen sein können, wie sich ihr Kumpel in eine Prärieblume verwandelt. Leotie, blühende Königin der Savanne. Wie er in sich versunken auf einer blauen Matte hockt, ganz bewusst atmend, um Körper und Geist zu regenerieren. In der Ecke flackert eine Kerze, indianische Rhythmen liebkosen die Ohren. Sonst herrscht Stille.

Indian Balance ist angesagt, eine neuartige Bewegungstherapie ohne sportlichen Stress, die zunehmend Anhänger gewinnt. Sie beinhaltet das Wissen der Indianer vom Fließen der Körperenergien. Motto: Den Leib bewegen, während sich die Seele ausruht. "Probier's mal aus!", hatte Freundin Jutta geraten. "Das bringt dich auf den Boden."

Wie wahr. Kaum hat der Proband, in diesen unwirtlichen Fitnesstagen allerlei gewohnt, die Praxis am Moorhof 7 in Poppenbüttel betreten und sich in luftige Kleidung gehüllt, findet er sich als Kimama wieder, als Schmetterling. Wenig später mutiert er zum Amitola (Regenbogen). Sanft klingen Panflöten im Hintergrund. Ganz weit weg ist Mann ...

Vorgemacht und begleitet werden diese den Novizen ein bisschen an Yoga erinnernden Bewegungsbilder von der Physiotherapeutin Asja Bülow (37). Einfühlsam beherrscht sie die Kunst, Spaß an der ungewohnten Sache zu wecken und Befürchtungen zu nehmen, die Testperson könne sich zum Affen machen. Lulu trifft eher zu, der Hase. Bei dieser Übung werden Herz, Kreislauf und Fettstoffwechsel auf angenehme Art angeregt. Gut, dass mit Christine Niemeyer ein weiterer Neuling konzentriert mitturnt. Es schlaucht ganz schön, ohne restlos platt zu machen.

Und mal wieder heißt es: Tschüs, geliebte Vorurteile. Was ursprünglich, sorry Frau Bülow, auch als kleiner Jux gedacht war, entpuppt sich von Minute zu Minuten als ernsthaftes Experiment mit erstaunlicher Wirkung. Rasch kehrt innere Ruhe ein, man fühlt sich schlicht wohl. Wer die dahinter stehende Philosophie inhaliert, hat wahrscheinlich noch mehr davon. Gut war's auch so.

Zufrieden und eine Portion klüger wird die Entspannungsoase verlassen. Direkt vor der Tür lockt der Wochenmarkt, es duftet nach Currywurst. Der Alltag hat Leotie, die Prärieblume, wieder.