Lessingtage erforschen Stand der gegenwärtigen Demokratie. Thalia-Intendant will Theater von Weltbürgern für Weltbürger zelebrieren.

Freunde sollt ihr sein. Weltfreunde. Von Ost bis West. In einem Miteinander über religiöse und kulturelle Prägungen und Präferenzen hinweg. Diese Utopie legte zumindest der Dichter der Aufklärung und des Toleranzgedankens Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) nicht nur in seiner wegweisenden Parabel "Nathan der Weise" auf. Dem Geist seiner Ideen verpflichtet ist seit 2010 das Festival "Um alles in der Welt - Lessingtage". Thalia-Intendant Joachim Lux will damit Theater von Weltbürgern für Weltbürger zelebrieren.

Im Sinne der Völkerverständigung wirbt das Festival um Toleranz und rückt das Thema Interkultur, von dem in Zeiten der Globalisierung viel für das Gelingen einer Gesellschaft abhängt, in den Fokus. In diesem Jahr blickt das Festival vom 25. Januar bis zum 9. Februar auf Europa, jenes sensible Staatengefüge, das, als Friedensinstrument gedacht, an seinen Rändern durch wirtschaftliche Krisen in teils schwere See geraten ist. Die Verleihung des diesjährigen Friedensnobelpreises würdigte und bestärkte die Europa-Idee. Der Stier, Symbol für den Gottvater Zeus, transportiert symbolhaft den Kontext.

Im Stierkostüm graste Zeus der griechischen Mythologie nach einst in einer Kuhherde am kleinasiatischen Mittelmeerufer und entführte eine Prinzessin nach Kreta. Diese Episode mag dazu dienen, die auf den ersten Blick provokante These des Festivals zu stützen: Europa begann in Asien. Jenseits von geografischen Zuschreibungen geht es um die Suche nach einem gültigen Demokratieverständnis in einer Welt, in der sich vielfach Staaten im Posttotalitären auflösen.

Wie immer setzt sich das Festival, gefördert von der Kulturbehörde, der "Zeit"-Stiftung, der Rudolf Augstein Stiftung, der Cassens-Stiftung, der Thalia Freunde sowie der Rusch-Stiftung und der Udo Keller Stiftung, aus alten und neuen Eigenkreationen zusammen. Für internationalen Glanz und aufregende Begegnungen mit dem Kulturschaffen in fernen Ländern sorgen neun Gastspiele. Viel Beachtung dürfte die Eröffnungsrede des 2010 nach Deutschland emigrierten chinesischen Dichters Liao Yiwu finden. Regisseur Antú Romero Nunes beschäftigt sich in "Don Giovanni. Die letzte Party" nach Mozart und da Ponte mit Facetten von Europas großem Frauenheld.

Fabian Hinrichs parliert sich in René Polleschs "Kill Your Darlings! Streets of Berladelphia" mit 15 Ost-Turnern durch die postmoderne Identitätssuche, und Alvis Hermanis führt in "Schwarze Milch" das Eindringen der europäischen Bürokratie in die Niederungen der lettischen Milchwirtschaft vor. Zu sehen gibt es für Herrschende oft Unbequemes von Lettland bis Athen. Außerdem eine Konzertreihe mit hochkarätigen Gästen wie den Lokalmatadoren Tocotronic oder dem britischen Experimentalmusiker Matthew Herbert. Außerdem jede Menge Raum für Begegnung und Diskussion.

Um alles in der Welt - Lessingtage 2013 25.1. bis 9.2.2013, Thalia Theater, Alstertor, und diverse andere Orte, Programm und Karten unter T. 32 81 44 44 und unter www.thalia-theater.de

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