René Polleschs “Kill your Darlings! Streets of Berladelphia“ von der Berliner Volksbühne

"Du Netzwerk behauptest, du könntest Beziehungen führen. Aber das kannst du gar nicht. Du bist zu viele." Fabian Hinrichs brüllt und zappelt inmitten der Turner-Gruppe bei seinem glänzenden Paradesolo "Kill your Darlings! Streets of Berladelphia". Kapriolen und Salti schlagend, verkörpert die Riege seine Facebook-Freunde wie auch das Netzwerk des Kapitalismus. Einer schreit rebellierend gegen alle an. Er wehrt sich jedoch vergebens, wird immer wieder eingeholt und eingefangen von den akrobatischen und biegsamen Körperkünstlern.

Im Theaterjargon der Regisseure, aber auch in der literarischen Schreibwerkstatt gilt "Kill your Darlings" als Regel, im Dienst und Sinn eines gelingenden Werks auf lieb gewonnene Gags, Ideen oder Sätze zu verzichten. Fabian Hinrichs verrät denn auch: "Wir haben die besten Szenen gestrichen. Ihr würdet sie nicht aushalten. Wir auch nicht!" Wie stets in seinen Stücken kritisiert René Pollesch die Produktionsbedingungen im Theaterbetrieb. Zeigt auf, wie die globale Wirtschaft Ethik-Regeln untergräbt und die soziale Gemeinschaft zersetzt. Der Erfinder des so rabiaten wie intelligenten Diskurstheaters hat Brechts politisches Theater radikal erneuert und huldigt dem epischen Dramatiker. Das Dream-Duo Hinrichs-Pollesch hat den Abend für ein Brecht-Festival der Volksbühne erarbeitet.

Nicht von ungefähr steht der Planenwagen der Mutter Courage auf der Bühne, vor den sich Hinrichs auch einmal spannt - ein Zugtier für die Symbolfigur des Epischen Theaters. Und ein Lastenesel für die Machenschaften der Marketenderin, die kapitalen Profit aus dem Dreißigjährigen Krieg schlägt. Pollesch bietet eine mitreißende Show und Hinrichs einen grandiosen Sturmlauf gegen die weltweiten finanziellen und medialen Netzwerke.

"Kill your Darlings! Streets of Berladelphia" 30./31.1., jew. 20.00, Thalia Theater, Alstertor, Karten zu 9,50 bis 48,- unter T. 32 81 44 44