Wer beim Festessen kein Risiko eingehen will, entscheidet sich für das klassische Federvieh – oder für Karpfen.

Alle Jahre wieder kurz vor Weihnachten wird der häusliche Frieden einiger Familien auf eine harte Probe gestellt. Bei der Farbe des Baumschmuckes mag man sich noch einigen, bei der Wahl des Essens am Heiligen Abend hört der Spaß dann aber auf. Da gibt es die kompromisslosen Anführer der Fisch-Fraktion (Karpfen blau, was sonst?) und die nicht weniger unnachgiebigen Anhänger des Weihnachtsbratens (dann kommen wir eben nicht). Schon der Einkauf der Zutaten ist eine Abfolge feierlicher Rituale, an deren Ende der Dreipfünder ahnungslos in der Badewanne schwimmt.

„Gans oder gar nichts“, lautet in diesem Jahr auch die entschlossene Formel meines Gatten, der als Profikoch den Vorteil hat, durch raffinierteste Zutaten und eine mehrtägige Vorbereitungs-Dramaturgie den ein oder anderen aus der „Mir egal, Hauptsache es schmeckt“-Fraktion noch auf seine Seite zu ziehen. „Ich will aber keine Tiere mehr essen“, kräht unsere zwölfjährige Tochter als junge Hasenbesitzerin. Folglich werden wir am Heiligen Abend zwei Gruppen bilden – Team „Karpfen blau“ und das Team „Gans mit Klößen“. Für die junge Vegetarierin gibt’s Kartoffeln mit Gemüse.

Experten-Tipp zu Karpfen blau: Vorher in die Badewanne

Aber wie kille ich einen Karpfen? Wer seinen Fisch so frisch wie möglich haben möchte, kommt um diese Frage nicht herum. Auf jeden Fall muss der Fisch bis zur Zubereitung im Wasser sein, dafür bietet sich die eigene Badewanne an. Man kann den Karpfen aber auch bereits küchenfertig vom Fischhändler kaufen – vorbestellen nicht vergessen. „Bei der Zubereitung muss man sehr vorsichtig sein. Man darf die Schleimhaut nicht verletzen, damit der Fisch die gewünschte blaue Färbung bekommt“, rät Dirk Kowalke, Geschäftsführer des Fischereihafen Restaurants.

Auch bei ihm gibt es zu Weihnachten natürlich Karpfen blau. Etwa jeder Vierte wähle aus der umfangreichen Speisekarte mit Hummer, Austern und Kaviar das Karpfen-Gericht. Kowalke: „Richtig gut schmeckt es, wenn der Karpfen noch schön heiß ist. Daher wird das Gericht in zwei Gängen serviert.“ Klar wie Kloßbrühe, dass dazu Meerrettich, geschlagene Sahne, und Petersilienkartoffeln gehören.

Knusper-Gans – der Profi-Tipp: Unbedingt genug Garzeit einplanen

Auch Gänsebraten ist der Weihnachtsklassiker schlechthin. Viele schwören auf Gänse aus den Vierlanden. Man bekommt sie unter anderem bei speziellen Geflügelhändlern, im Frischeparadies oder ausgesuchten Metzgereien. Man sollte sie auf jeden Fall vorbestellen und möglichst erst einen Tag vorher abholen, damit sie frisch ist. Bei der Zeitplanung ist die relativ lange Vorbereitungszeit zu beachten. Drei bis vier Stunden sollte man dafür veranschlagen. Für vier Personen reicht eine Gans, allerdings sollte sie schon etwa drei Kilo auf die Waage bringen.

Wem vier Stunden Kücheneinsatz partout zu viel sind, kann sein Weihnachtsmahl natürlich auch im Restaurant genießen – ohne Vorbestellung geht dies jedoch nicht. Im Landhaus Dill kennt man die Liebe der Hamburger zur Tradition. „Gans ist bei uns der Klassiker. Viele der rund 250 Festgäste kommen nur einmal im Jahr – zu Weihnachten. Und dann wollen sie unbedingt Gans mit Rotkraut“, sagt Inhaber Volkmar Preis. Auch bei den Beilagen gilt: Keine Experimente bitte. „Ich mache Klöße mit Quark, die sind schön fluffig“, sagt Preis, der dieses Gericht unverändert schon seit etwa 20 Jahren anbietet. Er weiß: „Die Vorfreude auf die Gans gehört unbedingt dazu. Es gibt auch Seezunge oder Rinderfilet, aber über die Hälfte der Gäste wählen Gans.“

Wer bis zur letzten Minute noch Geschenke kaufen muss und trotzdem auf seinen Braten nicht verzichten will, kann Gans und Beilagen auch fix und fertig als Set beim Schlachter kaufen. Nur kurz aufgewärmt – und los geht’s.

Nicht Fisch, nicht Fleisch: das vegane Weihnachtsessen

Leicht kompliziert wird die Sache, wenn sich in letzter Minute noch ein Veganer zum Essen ankündigt. Ganz unwahrscheinlich ist es nicht – schließlich verzichten mittlerweile rund 800.000 Menschen in Deutschland ganz auf tierische Produkte. Um Vorurteilen entgegenzutreten: Vegane Küche kann vielfältig und lecker sein. Mit einem Salat von geröstetem Blumenkohl mit Haselnüssen auf Radicchio, Sauerkraut-Bratlingen auf Kartoffel-Frikassee mit Lauchsoße oder einer Senfschaumsuppe mit süßsauren Radieschen und Estragon-Pesto kann man sogar bei Fisch- und Fleischfans Eindruck schinden. Diese Beispiele mögen eine Anregung sein – sie stammen von der Speisekarte des Hamburger Vegan- Restaurants Leaf an der Eulenstraße. Bei der Zusammenstellung des Menüs ist vor allem Fantasie gefragt. Bei der Zubereitung helfen Seiten im Internet, zum Beispiel www.vegane-beratung.com mit Tipps und Rezepten für Anfänger und Fortgeschrittene.

Verbraucherexperten raten zur Bio-Variante als gute Alternative

Vegan oder nicht, das Ernährungsbewusstsein der Deutschen ist gestiegen. Immer mehr Menschen verzichten auf Fleisch oder es soll genau erkennbar sein, woher es kommt. Die Verbraucherzentrale Hamburg rät zur Bio-Variante als gute Alternative. „Es gibt sowohl Bio-Karpfen als auch Bio-Gans. Das ist auch aus Tierschutzgründen auf jeden Fall besser“, sagt Valet. Allerdings könne man für eine Bio-Gans leicht 100 Euro ausgeben. Gerade zu Weihnachten sei das für viele aber nicht das Problem, da schaue man nicht so sehr auf den Preis. „Eine etwas günstigere Alternative ist ein Tier aus Freilandhaltung oder bäuerlicher Freilandhaltung, das kommt Bio schon ziemlich nahe“, sagt der Experte. Auch auf das Herkunftsland sollte man achten. „Gänse aus Polen oder Ungarn sehen wir kritisch.“

Ob Fisch, Fleisch oder Tofu-Schnitzel – Familien, die sich nicht auf ein Festtagsmenü einigen können, sei zumindest das Dessert oder der Kaffee in gemeinsamer Runde empfohlen. Auch die Geschenke kann man gut zusammen auspacken.