MADRID. Fast drei Jahre nach den Terroranschlägen von Madrid hat gestern der Mammutprozess gegen die mutmaßlichen Attentäter, ihre Hintermänner und Helfer begonnen. Am 11. März 2004 explodierten nur drei Tage vor der Parlamentswahl gegen 7.40 Uhr morgens zehn Bomben in vier mit Pendlern voll besetzten Vorortzügen auf dem Weg ins Madrider Stadtzentrum. Madrid erlebt seinen 11. September: den schwersten Anschlag seiner Geschichte und einen der blutigsten Terrorakte auf europäischem Boden. Binnen Minuten werden 191 Menschen getötet, mehr als 1800 weitere verletzt. Am Tag danach demonstrieren 11,6 Millionen Spanier gegen Terrorismus.

Den Anschlägen folgt das politische Beben. Obwohl die Ermittler frühzeitig von einem islamistischen Hintergrund ausgehen, bleibt der damalige konservative Regierungschef Josee Maria Aznar bei seiner Version: Er gibt der baskischen Untergrundbewegung Eta die Schuld, die jedoch jede Beteiligung bestreitet.

Stattdessen übernimmt das Terrornetzwerk al-Qaida die Verantwortung. Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden hatte im Oktober 2003 die Parole ausgegeben, in Spanien als einem der Truppensteller des Irak-Einsatzes müssten Anschläge mit "der größtmöglichen Zahl von Toten" verübt werden. Daraufhin soll sich der im Juli 1971 in Ägypten geborene Rabei Osman Sayed Ahmed ans Werk gemacht haben. In einer Bekennerbotschaft brüsten sich die Brigaden "Abu Hafis al-Masri" damit, "ins Herz der europäischen Kreuzfahrer" vorgestoßen zu sein und "einem Pfeiler der Kreuzfahrerallianz" einen schmerzhaften Schlag versetzt zu haben. Am 13. März wird zudem nahe der Moschee von Madrid eine Videokassette mit einer Al-Qaida-Botschaft gefunden, in der die "Kollaboration" Spaniens mit den USA im Irak angeprangert wird.

Die spanischen Wähler reagieren empört. Sie vermuten, Aznar wolle von dem islamistischen Hintergrund ablenken, um bei der Wahl nicht wegen seines militärischen Engagements im Irak abgestraft zu werden. Die Quittung erhält Aznar am 14. März: Die Sozialisten gewinnen und kündigen umgehend den Abzug der spanischen Truppen aus dem Irak an.