Baden-Württembergs Ex-Regierungschef attackiert nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Nachfolger und Parteifreunde. Die Staatsanwaltschaft hat nun auch Ermittlungen gegen Baden-Württembergs früheren Finanzminister Willi Stächele (CDU) aufgenommen.

Berlin. Stefan Mappus sieht keinen Grund zur Reue. Baden-Württembergs früherer CDU-Ministerpräsident wertete die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit dem Kauf von Anteilen des Energieversorgers EnBW am Freitag als Ergebnis von Nachstellungen der jetzigen grün-roten Landesregierung. Parteifreunden, die sich von ihm distanzierten, warf er in „Bild“-Online Opportunismus vor. Nur die Staatsanwaltschaft nahm er von der Kritik aus.

+++ Stefan Mappus verteidigt den EnBW-Deal +++

+++ Verdacht auf Untreue - Razzia bei Stefan Mappus +++

Die EnBW-Affäre weitet sich in Baden-Württemberg unterdessen aus. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hegt einen Anfangsverdacht auch gegen den ehemaligen Finanzminister Willi Stächele und den früheren Minister in der Staatskanzlei, Helmut Rau (beide CDU). Die Ermittler vermuten bei beiden Untreue im Zusammenhang mit dem Rückkauf von Aktien des Energieversorgers EnBW 2010 durch das Land. Die Absicht, Ermittlungsverfahren einzuleiten, sei dem Landtagspräsidenten mitgeteilt worden, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Freitag. Sobald der Eingang der Schreiben bestätigt sei, werde die Immunität der beiden jetzigen Landtagsabgeordneten aufgehoben und die Verfahren könnten offiziell beginnen. Am Mittwoch waren bereits Ermittlungen gegen Stefan Mappus eingeleitet worden. Er soll Ende 2010 den Rückkauf von 45 Prozent des Energieversorgers für 4,7 Milliarden Euro schlecht vorbereitet haben, so dass das Land zu viel bezahlte.

„Ich war, bin und bleibe überzeugt davon, dass der Preis in Ordnung ist“, sagte Mappus der „Bild“-Zeitung. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft könnten „einem auch die Möglichkeit eröffnen, die erhobenen Vorwürfe zu widerlegen“. Er sei überzeugt, dass keine Anklage gegen ihn erhoben werde: „Ich gehe fest davon aus, dass sich herausstellen wird, dass die vor allem vom Rechnungshof gehaltenen Vorwürfe weitestgehend haltlos sind und dass wir demzufolge in einer zugegebenermaßen außergewöhnlichen Situation ökonomisch korrekt gehandelt haben.“

Stächele hatte mit seiner Unterschrift unter eine Notbewilligung den Ankauf der EnBW-Aktien ohne Beteiligung des Parlamentes möglich gemacht. Nachdem der Staatsgerichtshof das Vorgehen als verfassungswidrig verurteilt hatte, trat Stächele 2011 als Landtagspräsident zurück. Seither sitzt er als einfacher Abgeordneter im Landtag. Er bestätigte der „Bild“-Zeitung (Samstag), dass die Staatsanwaltschaft ihn per Brief über die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens informiert hat.

CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk erklärte die Umstände der EnBW-Verstaatlichung für „singulär“. „Das ist nicht der Politikstil, wie ihn die CDU betreibt“, sagte Hauk im Deutschlandfunk. Der CDU-Obmann im Untersuchungsausschuss des Landtags, Volker Schebesta, bezweifelte aber vor Sitzungsbeginn, dass der Kaufpreis für die EnBW-Anteile zu hoch gewesen sei. Dafür gebe es keinen Beweis. Auch der Landesrechnungshof habe dazu keine Aussage getroffen.

Unabhängig von der konkreten Abwicklung wird der Rückkauf generell allerdings auch von der Opposition nicht infrage gestellt. „In der Sache war der Rückkauf (...) richtig“, sagte der jetzige Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) im ZDF-„Morgenmagazin“. Da Mappus das Parlament dabei aber übergangen habe, sei es „ein Freundschaftsdeal (gewesen) und nicht solide Wirtschaftspolitik zum Wohle des Landes“.

Von Feind und Freund verfolgt

Finanzminister Nils Schmid (SPD) hatte ein Gutachten vorgelegt, wonach das Land dem französischen EdF-Konzern damals 840 Millionen Euro zu viel gezahlt habe. Mappus sagte, ein Gutachten der Landesbank Baden-Württemberg habe den von ihm ausgehandelten Preis bestätigt. Die Landesregierung seines Nachfolgers Winfried Kretschmann (Grüne) habe nichts ausgelassen, was ihm schaden könne. „Ich habe allerdings von Herrn Kretschmann und seiner Mannschaft nichts anderes erwartet“, sagte er.

Mappus sagte, an die Nieren gehe ihm die Distanzierung einiger CDU-Freunde. Allerdings sei deren Verhalten nicht außergewöhnlich. „Da sind im Regelfall diejenigen als Erstes weg, die zuvor gar nicht nahe genug bei einem sein konnten“, sagte er. „Hierbei gibt es Verhaltensmuster, die einen wenig bis gar nicht überraschen.“ Als Beispiel nannte der den CDU-Landtagsfraktionsvorsitzenden Peter Hauk.

Dieser wies Mappus' Opportunismus-Kritik gegenüber „Bild“ umgehend zurück. Es sei bekannt, dass ihn und Mappus eine politische, und keine persönliche Freundschaft verbunden habe, sagte der Landtagsfraktionschef. Zu einem möglichen Parteiausschluss von Mappus wollte sich Hauk nicht äußern. Zunächst gelte für jedermann vor dem Gesetz die Unschuldsvermutung.

"Alles zum Wohle Baden-Württembergs“

Vorwürfe, er habe sich von Notheis beim EnBW-Kauf steuern lassen, konterte Mappus mit der Bemerkung: „Einmal bin ich beratungsresistent, dann wieder bin ich ferngesteuert – meine politischen Gegner sollten sich schon festlegen.“ Mappus beteuerte, er habe auch beim EnBW-Kauf mit allen Mitteln zum Wohle Baden-Württembergs gearbeitet. Allerdings würde er heute bei einem solchen Geschäft den Landtag einschalten.

SPD-Finanzminister Schmid kritisierte, in den kühnsten Träumen hätten man sich aber nicht vorstellen können, dass das Geschäft am Parlament vorbei passiert, und dass der Kaufpreis „so nachlässig festgelegt worden ist zum Schaden der Steuerzahler“. Eile und Geheimhaltung des Geschäfts seien völlig fehl am Platze gewesen, sagte der stellvertretende Ministerpräsident im ZDF-„Morgenmagazin“.

Mit Material von dapd und dpa