Gericht erlässt einstweilige Verfügung wegen „Falschberichterstattung“ - Mögliche Vorteilsannahme wird geprüft.

Berlin. Die Staatsanwaltschaft Berlin untersucht neue Vorwürfe der Vorteilsnahme gegen Bundespräsident Christian Wulff. Ihre Behörde habe eine Vorprüfung eingeleitet, bestätigte Staatsanwältin Simone Herbeth am Donnerstag. Dabei solle geklärt werden, ob Wulff bei der Nutzung eines Autos ungerechtfertigte Vorteile in Anspruch genommen habe. Grundlage seien Medienberichte, wonach das Ehepaar Wulff einen Audi Q3 zu unüblich günstigen Konditionen erhalten habe.

Die Frau des Bundespräsidenten, Bettina Wulff, hatte den Audi Q3 am 22. Dezember in einer Berliner Niederlassung übernommen. Nach Angaben von Wulffs Anwalt Gernot Lehr wurde dafür aber die „marktübliche Vergütung“ gezahlt.

Er dementierte zugleich einen Bericht von „Frankfurter Rundschau“ und „Berliner Zeitung“, wonach Christian und Bettina Wulff schon seit Sommer vergangenen Jahres monatelang kostenlos einen Audi Q3 gefahren habe sollen. „Hierbei handelt es sich um eine Falschbehauptung: Das Ehepaar Wulff fuhr im Sommer 2011 keinen Audi Q3“, erklärte Lehr. Auf Antrag von Bettina Wulff untersagte das Landgericht Köln den Verlagen sowie dem Journalisten am Abend per einstweiliger Verfügung, weiter entsprechende Meldungen zu verbreiten.

Bestätigt ist dagegen, dass Bettina Wulff Ende Dezember einen Audi Q3 als Mietwagen in Empfang nahm. Anwalt Lehr betonte, dabei habe es keinen „Prominentenrabatt“ gegeben. Er bekräftigte, ein vom Ehepaar Wulff ursprünglich bestellter Audi Q3 habe erst Mitte 2012 ausgeliefert werden sollen. Bettina Wulff habe daher ein Serienfahrzeug erhalten. Inzwischen sei dieses wieder zurückgegeben worden.

Staatsanwältin Herbeth sagte, dass ihre Behörde von sich aus tätig werde, sei nicht ungewöhnlich. Es werde regelmäßig die Berichterstattung in Medien daraufhin ausgewertet, ob es Anhaltspunkte für einen strafrechtlichen Sachverhalt gebe.

Bereits frühere Überprüfungen der Staatsanwaltschaften in Hannover und Stuttgart, die sich vor allem auf Wulffs Hauskredite bezogen, ergaben bislang keinen Anfangsverdacht. Allerdings ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Wulffs ehemaligen Sprecher Olaf Glaeseker wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Er soll die vom Eventmanager Manfred Schmidt organisierte Veranstaltungsreihe „Nord-Süd-Dialog“ zu Wulffs Zeiten als niedersächsischer Ministerpräsident gefällig gefördert haben. Zugleich soll er wiederholt Gratisurlaube in Anwesen Schmidts verbracht haben.

Aus der SPD kamen erneut Rücktrittsforderungen an Wulff. Union und FDP hätten ihren Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten durchgesetzt und trügen nun „natürlich auch Verantwortung, mit Herrn Wulff zu sprechen und ihm die Situation im Interesse dieses hohen Amtes und auch seiner eigenen Reputation deutlich zu machen“, sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck dem Sender „Phoenix“. Auf die Frage, ob sie Wulff den Rücktritt nahelegen sollten, sagte er: „Das müsste in einem solchen Gespräch in eine solche Richtung gehen.“ (reuters)