Auch Versandhaus-Inhaber Michael Otto ist dazu bereit. SPD lobt “sozialen Patriotismus“

Hamburg. Staatsschulden, Eurokrise, Haushaltslöcher - die grassierende Finanzmisere treibt auch wohlhabende Deutsche um. Um das Gemeinwohl zu stärken, erklären sich vier Prominente nun bereit, höhere Steuern zu zahlen.

"Ich hätte kein Problem, wenn der Spitzensteuersatz angehoben würde", sagte der Hamburger Versandhaus-Inhaber Michael Otto der Wochenzeitung "Die Zeit". Das bringe viel mehr, als Diskussionen über eine Vermögenssteuer wieder aufzuwärmen. Auch Martin Kind, Hörgeräteunternehmer und Präsident des Fußballvereins Hannover 96, würde eine höhere Steuerbelastung akzeptieren - "verbunden mit der Verpflichtung des Staates, die Mehreinnahmen ausdrücklich zur Schuldentilgung zu verwenden".

Der ehemalige Hamburger Versicherungsunternehmer Jürgen Hunke, früher HSV-Präsident, hält eine massive Erhöhung der Erbschaftssteuer für den vernünftigen Weg: "Ich rede dabei nicht von dem ersparten Haus, sondern von Menschen mit Hunderten Millionen Euro", sagte Hunke.

Der inzwischen von Hamburg nach Berlin umgezogene Musiker Marius Müller-Westernhagen würde ebenfalls mehr Steuern zahlen. "Ein paar Prozentpunkte mehr Steuern machen Wohlhabende nicht arm", sagte er. "Es werden sogar alle reicher, wenn die Einnahmen konsequent zur Schuldentilgung genutzt werden und Zukunft statt Zinsen schaffen."

Nach Ansicht von SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigt der Appell, dass es mehr sozialen Patriotismus gebe, als die "Steuersenkungs-Fanatiker" immer behaupteten. Auch FDP-Fraktionsvize Volker Wissing begrüßte die Bereitschaft einiger Wohlhabender, höhere Steuern zu zahlen. "Gleichwohl bleibt dabei ein unangenehmer Beigeschmack. Wenn sich jemand für zu niedrig besteuert hält, warum zahlt er dann nicht mehr?"

Schon seit Längerem vertritt der Hamburger Reeder Peter Krämer die Auffassung, dass Reiche höhere Steuern zahlen sollten. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) monierte er, dass Vermögen im internationalen Vergleich in Deutschland am niedrigsten besteuert würden. Zu den Mitunterzeichnern seiner Initiative gehören Prominente wie Günter Grass, Erich Loest, Johano Strasser, Oskar Negt, Klaus Staeck, Thilo Bode und Rudolf Hickel. Auch der Multimillionär Harald Christ (SPD), früher Chef der Hamburger Kapitalanlagegesellschaft HCI, erklärte sich auf "Spiegel Online" zu einer höheren Steuerbelastung bereit.

Erst jüngst hatte der US-Milliardär Warren Buffett höhere Steuern für Superreiche gefordert. Nur so könne die hohe Staatsverschuldung der USA reduziert werden, schrieb der 80-Jährige in der "New York Times". Kurz darauf boten 16 französische Manager und andere Wohlhabende höhere Steuern an. Die Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy griff den Appell dankbar auf: Franzosen mit einem Jahreseinkommen von mehr als 500 000 Euro sollen künftig eine Extrasteuer von drei Prozent zahlen. Italiens Premier Silvio Berlusconi schlug dagegen einen anderen Weg ein: Er verzichtet in seinem milliardenschweren Sparpaket auf eine Sondersteuer für Besserverdiener. Diese Abgabe solle unter anderem durch einen Abbau von Steuervergünstigungen für Unternehmen ersetzt werden. (HA)