Spendeninitiative der US-Milliardäre Bill Gates und Warren Buffet löst eine breite Debatte über Superreiche in Deutschland aus.

Hamburg/Berlin. Die US-Milliardäre Bill Gates und Warren Buffett haben mit ihrer Spendeninitiative eine breite Diskussion über den Umgang mit großen Vermögen ausgelöst. Politiker von SPD und Grünen fordern von Deutschlands Superreichen , dem Beispiel der Amerikaner zu folgen. "Ein gutes Vorbild" sei die Ankündigung der US-Tycoone, mindestens die Hälfte ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden , sagte die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, der "Passauer Neuen Presse". "Wer spenden kann, soll das tun."

SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sprach ebenfalls von einer "guten Idee", und Carsten Schneider, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, urteilte: "Ein sehr lobenswertes Beispiel dafür, dass die Reichen sich nicht aus sozialer Verantwortung ausklinken." Spenden, so Schneider weiter, seien eine gute Möglichkeit, "der Gesellschaft etwas zurückzugeben". In Deutschland sei leider ein gegenläufiger Trend zu beobachten. Die rot-grünen Politiker sehen jedoch trotz ihres Appells an die Spendenbereitschaft der Reichen auch den Staat in der Pflicht. "Eine solche Geste kann eine vernünftige Vermögensbesteuerung nicht ersetzen", sagte Poß. Auch Roth hält daran fest, dass der Staat "beim Spitzensteuersatz und der Besteuerung der Vermögen" Rahmenbedingungen setzen müsse, damit der soziale Rechtsstaat finanzierbar bleibe.

Der Hamburger Unternehmer Ian Karan reagierte unterdessen zurückhaltend auf die von Microsoft-Gründer Bill Gates gestartete US-Initiative. Die sehe er "gespalten", sagte Karan dem Abendblatt. Einerseits engagiere er sich gerne, weil er im Leben sehr viel Glück gehabt habe und die Verpflichtung spüre, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Andererseits, so Karan weiter, halte er es jedoch für unfair zu sagen, dass die Deutschen im Vergleich zu den US-Amerikanern zu wenig täten. Ein Spendevolumen von zwei Milliarden Euro pro Jahr sei "nicht wenig". Zudem habe Deutschland "ein starkes staatliches Sozialsystem, das es in den USA so nicht gibt". Die sozial Schwächeren würden dort nicht aufgefangen. Auch der Hamburger Reeder Peter Krämer sieht das US-Modell mit Skepsis: "Zum einen ist das dortige Steuersystem mit der hohen Spendenabzugsmöglichkeit sehr viel großzügiger als bei uns, das heißt, dort kann man sicherlich sehr viel leichter spenden, die Spenden zum Teil direkt von der Steuerlast abziehen. Das lässt einem großteilig die Wahl: Will man Steuern zahlen oder spenden?" sagte Krämer dem Abendblatt. "Zum anderen stellt man es in das Belieben von Milliardären, ureigenste Staatsaufgaben wahrzunehmen und diese dann nach eigenem Gutdünken zu organisieren." Weder Bill Gates noch seinesgleichen sagten, wofür sie spenden. Sie übernehmen damit Aufgaben, die eigentlich von der demokratisch legitimierten Regierung ausgeübt werden sollen. "Ich finde es nicht richtig, dass ein Klub von Milliardären sich hinstellt und nun Staat spielt. Dadurch würde der Staat ausgehöhlt", sagte Krämer.

Seitens der Union wurde das Thema ebenfalls zurückhaltend betrachtet. "Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man die sehr asymmetrische Vermögensverteilung nicht durch individuelle Spenden, sondern durch ein angepasstes Besteuerungsrecht ausgleichen sollte", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) dem "Handelsblatt". Hans Michelbach, der Unions-Obmann im Bundestagsfinanzausschuss, verwies darauf, dass die Große Koalition das deutsche Stiftungsrecht vor zwei Jahren novelliert und dem angelsächsischen Stiftungsrecht nicht ohne Grund angepasst habe. "Jetzt ist es möglich, große Vermögen in gemeinnützige Stiftungen einfließen zu lassen", sagte der CSU-Politiker dem Hamburger Abendblatt. Das sei sozial sinnvoll, und dafür gebe es nun eine gute Rechtsbasis.

In dieser Woche hatten sich in den USA 40 Milliardäre einer von Microsoft-Gründer Bill Gates und Investment-Guru Warren Buffett initiierten Spendenkampagne angeschlossen. Sie dürfte mehr als 100 Milliarden Dollar zusammenbringen. Damit würde sich das gesamte jährliche Spendenaufkommen in Amerika verdoppeln.

Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hofft auf einen Nachahmungseffekt. "Was für ein großartiger Impuls für unsere Gesellschaft könnte von einer ähnlichen Gemeinschaftserklärung deutscher Vermögender ausgehen", sagte Hermann Falk, der in der Geschäftsleitung sitzt. Wenn sich nur einige der 53 Milliardäre in Deutschland die Aktion von Gates zum Vorbild nähmen, werde sich das Gesamtkapital der Stiftungen von aktuell rund 100 Milliarden Euro "auf einen Schlag" erhöhen.