Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat sich entschieden und verzichtet auf eine weitere Amtszeit.

Frankfurt/Main. Der Zentralrat der Juden in Deutschland steht vor einer historischen Zäsur. Zentralrats-Präsidentin Charlotte Knobloch erklärte in Frankfurt, sie werde bei der Neuwahl im November nicht für eine zweite Amtszeit zur Verfügung stehen und so „bewusst einen Generationenwechsel herbeiführen“. Damit wird der Zentralrat aller Voraussicht nach künftig erstmals von einer Person geführt, die den Massenmord an den europäischen Juden nicht mehr selbst miterlebt hat. Als Knobloch-Nachfolger wird der bisherige Zentralrats-Vizepräsident Dieter Graumann gehandelt.

Die 77-jährige Knobloch hatte sich bei einer Sitzung des Direktoriums vor Vertretern der Landesverbände und der großen Gemeinden zu ihrer Zukunft geäußert. Dem Gremium gehören 34 Mitglieder an. Knobloch wurde nachgesagt, dass sie im engeren Führungskreis des Verbandes keinen Rückhalt mehr hat. Sie war nach dem Tod von Paul Spiegel im Juni 2006 an die Spitze gerückt.

Wenn sie im November aufhört, hat sie die kürzeste Amtszeit aller Zentralrats- Präsidenten hinter sich. Anders als Knobloch gehört der 1950 geborene Frankfurter Unternehmer Graumann der Generation an, die den Massenmord an den europäischen Juden nicht mehr selbst erlebt hat. Graumann wollte zu der Personalentscheidung keine Stellungnahme abgeben. Unter dem Dach des Zentralrates sind 23 Landesverbände mit insgesamt 107 jüdischen Gemeinden und rund 106000 Mitgliedern organisiert.

Knobloch sagte in ihrer kurzen Stellungnahme weiter, das Präsidium und das Direktorium hätten ihr „das volle und uneingeschränkte Vertrauen“ ausgesprochen. Zuvor war spekuliert worden, dass Knobloch auf Druck aus den Gremien ihr Amt vorzeitig aufgeben würde. Um Details der Bekanntgabe der Personalentscheidung war länger gerungen worden. Eine angekündigte Erklärung ließ das Direktorium mehrere Male verschieben. „Wir müssen noch einen Satz ändern. Das ist eine schwere Geburt“, sagte der Generalsekretär des Zentralrates, Stephan Kramer.

Knobloch leitet seit 1985 die israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern. Bei öffentlichen Auftritten hat sie immer wieder von ihren Erlebnissen in der NS-Zeit berichtet. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, Michael Fürst, bezeichnete im Sender NDR Info die Diskussion im Vorfeld über einen möglichen Rücktritt Knoblochs als unnötig. Das schade nur der Sache.