Es gibt Ämter, die ihren Inhaber mehr prägen können als umgekehrt. Der Vorsitz des Zentralrates der Juden in Deutschland ist so ein Amt. Der Präsident muss nach dem Zusammenbruch jeglicher menschlicher Moral im Holocaust für die Nachfahren der massenhaft ermordeten Juden sprechen - und das im Land der vormaligen Täter. Charlotte Knobloch steht als Holocaust-Überlebende schon mit ihrer Biografie für Wahrhaftigkeit im Präsidentenamt.

Ihre männlichen Mitstreiter, die Stellvertreter Graumann und Korn und Generalsekretär Kramer, haben die erste Präsidentin aber nie ernst genommen. Sie hielten sich selbst für die besseren Zentralratsvorsitzenden. Bis die Kakophonie im Präsidium unüberhörbar war, was den Publizisten Broder ermutigte, Frau Knobloch als "Tante Charly" zu schmähen. Eine Respektlosigkeit, die sich die Männerriege gegenüber Spiegel oder Bubis nie geleistet hätten. Mit der Demontage Knoblochs empfiehlt sich jedenfalls niemand als deren Nachfolger.