Der Linke Bodo Ramelow als Thüringer Regierungschef: Eine Schreckensvorstellung für die CDU. Parteichefin und Kanzlerin Merkel sendet eine Warnung an die designierten Koalitionspartner.

Erfurt. Am 5. Dezember will sich Bodo Ramelow mit den Stimmen von SPD und Grünen zum Ministerpräsidenten von Thüringen wählen lassen. Erstmals würde damit ein Politiker der Linkspartei ein Bundesland regieren. Noch laufen die Koalitionsverhandlungen. Und noch sieht die CDU eine Chance, das rot-rot-grüne Bündnis zu verhindern und an der Regierung zu bleiben. Aber mit jedem Tag wächst die Anspannung auf beiden Seiten, der Ton der Auseinandersetzung wird schärfer.

So wies SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi jetzt Warnungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einer rot-rot-grünen Koalition mit entschiedenen Worten zurück. „Es ist natürlich grober Unfug zu erzählen, dass wir mit der zukünftigen rot-rot-grünen Landesregierung in Thüringen eine außen- und sicherheitspolitische Gefahr produzieren würden“, sagte Fahimi am Montag in Berlin.

Mit Blick auf den Bundesrat hatte Merkel beim Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern vor einer möglichen Blockade wichtiger Entscheidungen etwa in der Europapolitik gewarnt, sollte in Thüringen tatsächlich eine rot-rot-grüne Regierung an die Macht kommen. Fahimi sagte, sie erwarte von der Kanzlerin und der ganzen Union, „dass sich die momentanen Aufgeregtheiten“ legten, wenn die Regierungsarbeit starte. Es gehe in Thüringen nicht um Europa-, sondern zum Beispiel um bessere Schulpolitik.

Auch Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) hatte mit deutlichen Worten vor Rot-Rot-Grün in Thüringen gewarnt. Das sei keine normale Koalition und für sie nicht akzeptabel. Sie finde es „traurig“, dass 25 Jahre nach der friedlichen Revolution die SED-Nachfolger wieder ein ganzes Bundesland führen könnten. Ramelow habe sich „bewusst der Nachfolgeorganisation der Täterpartei SED angeschlossen und diese damit am Leben gehalten“. Der 1976 aus der DDR ausgebürgerte Liedermacher Wolf Biermann hatte im Bundestag bei der Feierstunde zu 25 Jahren Mauerfall gesagt, die Linkspartei sei „der elende Rest dessen, was zum Glück überwunden ist“. Wanka, die in der DDR aufgewachsen ist, hielt das noch für untertrieben: „Es ist aber leider anders und schlimmer.“

Großdemo in Erfurt

Gegen ein rot-rot-grünes Bündnis demonstrierten am Sonntag rund 4000 Menschen auf dem Domplatz in Erfurt. „Wir sind das Volk“, skandierten die Teilnehmer. „Schande“ war auf einem Schild zu lesen. Auf einem Banner stand: „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!“ Zu der Kundgebung aufgerufen hatte der stellvertretende Landesvorsitzende der Thüringer CDU-Mittelstandsvereinigung, Clarsen Ratz.

Dass auch zahlreiche SPD-Mitglieder an der Demonstration teilgenommen haben, müsse die Parteiführung in Erfurt und in Berlin nachdenklich machen. „Die Thüringer wollen keinen linken Ministerpräsidenten“, sagte der Thüringer Bundestagsabgeordnete Tankred Schipanski.

Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht wertete die Demonstration denn auch als Ausdruck der großen Sorge vieler Menschen vor einer von der Linken geführten Landesregierung. „Die Angst, dass Thüringen damit von seinem Erfolgsweg abkommt, ist überall mit Händen zu greifen“, sagte Lieberknecht. Doch dieser „Irrweg“ sei keinesfalls alternativlos. „Die CDU erhält ihr Angebot aufrecht, eine Koalitionsregierung mit der SPD und möglichst auch mit den Grünen zu bilden.“

Auch für CDU-Generalsekretär Peter Tauber ist die jüngste Protestaktion gegen eine rot-rot-grüne Landesregierung ein Beleg dafür, dass die SPD mit ihrer Unterstützung für Ramelow auf dem Holzweg ist: „In Erfurt haben deutlich mehr Menschen demonstriert, als die SPD in Thüringen Mitglieder hat.“

Die Grünen dagegen äußerten sich sehr kritisch zur Demonstration, da sich auch Anhänger der eurokritischen Alternative für Deutschland (AfD) sowie Rechtsextremisten daran beteiligt hatten. Der Jahrestag der Reichspogromnacht sei „denkbar unpassend, um gemeinsam mit Rechten und Rechtsextremen mit Fackeln und Kerzen auf dem Domplatz zu demonstrieren“.

Als „beklemmend“ beschreibt Astrid Rothe-Beinlich, parlamentarische Geschäftsführerin der Thüringer Grünen im Landtag, die Demonstration: „Offenbar ist der CDU in Union mit Konservativen, Rechtspopulisten und Neonazis beinahe jedes Mittel recht, um den Machtwechsel zu verhindern.“ Die Thüringer CDU als einstige Blockpartei forderte sie auf, sich mit der Aufarbeitung der eigenen Geschichte zu befassen. Als Beispiel nannte sie die CDU-Landtagsabgeordnete und frühere Thüringer Justizministerin, Marion Walsmann. Als Mitglied der Volkskammer hätte diese 1989 einer Resolution zugestimmt, die das Massaker bei den Studentenprotesten auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking rechtfertigte, sagte Rothe-Beinlich.