Der Bundespräsident sieht den designierten Thüringer Landeschef Bodo Ramelow äußerst kritisch. Als Grund führt Joachim Gauck die Ursprünge der Linken in der DDR an. Parteichefin Katja Kipping reagiert.

Berlin. Bundespräsident Joachim Gauck hat sich kritisch zu der wahrscheinlichen Wahl des Linken-Politikers Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten in Thüringen geäußert. „Menschen, die die DDR erlebt haben und in meinem Alter sind, die müssen sich schon ganz schön anstrengen, um dies zu akzeptieren“, sagte Gauck in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“, die am Sonntagabend ausgestrahlt werden sollte. Nach der Landtagswahl im September in Thüringen zeichnet sich dort eine rot-rot-grüne Koalition ab, bei der die Linkspartei als stärkste Kraft erstmals einen Regierungschef stellen würde.

Der frühere DDR-Oppositionelle Gauck hadert offensichtlich mit der Partei, die in Ostdeutschland ihre Wurzeln in der SED-Nachfolge-Partei PDS hat. Die Wahlentscheidung sei zu respektieren, es stelle sich aber die Frage: „Ist die Partei, die da den Ministerpräsidenten stellen wird, tatsächlich schon so weit weg von den Vorstellungen, die die SED einst hatte bei der Unterdrückung der Menschen hier, dass wir ihr voll vertrauen können“, sagte Gauck. Es gebe Teile in der Partei, wo er Probleme habe, „dieses Vertrauen zu entwickeln“, sagte das Staatsoberhaupt.

Kipping kritisiert Gauck

Die Überlegungen für eine Koalition von Linken, SPD und Grünen in Thüringen waren begleitet von einer Debatte darüber, ob die Linkspartei bereit ist, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen. Mitten in der Debatte äußerte sich Gauck bereits deutlich in seiner Rede bei den Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der entscheidenden Montagsdemonstration am 9. Oktober in Leipzig: „Die DDR war ein Unrechtsstaat, es gab keine unabhängige Gerichtsbarkeit, schon gar nicht ein Verfassungsgericht.“

Die Parteichefin der Linken, Katja Kipping, kritisierte Gaucks Äußerungen. Ein Präsident müsse seine Worte sehr wägen, sagte sie der „Bild am Sonntag“. „Sobald er sich dem Verdacht aussetzt, Parteipolitik zu machen, ist seine Autorität beschädigt“, ergänzte sie. Gaucks Zweifel an der demokratischen Gesinnung der Linkspartei-Mitglieder weise sie „in aller Form“ zurück. „Ich bezweifle, dass Herr Gauck sich mit diesen Äußerungen einen Gefallen tut.“