Christdemokraten fühlen sich durch große Erfolge der neuen Partei nicht herausgefordert

Berlin. Nach den Wahlerfolgen der Alternative für Deutschland (AfD) in Thüringen und Brandenburg hat die CDU für die nächsten Jahre eine Zusammenarbeit mit den Euro-Skeptikern erneut abgelehnt. Daran habe es im CDU-Vorstand „keinerlei Zweifel“ gegeben, sagte CDU-Chefin Angela Merkel am Montag in Berlin. Sie hofft, dass in beiden Ländern Große Koalitionen zustande kommen. Merkel will sich weder auf die AfD einlassen noch eine Strategiedebatte führen. Auf Fragen zur AfD sagte sie, die beste Antwort auf die AfD sei eine gute Regierungspolitik. Sie könne nicht erkennen, „dass wir in einer erfolglosen Phase sind“. Damit spielte sie auf die Umfragenwerte der Bundes-CDU und die Zugewinne der Christdemokraten am Sonntag an.

Die Strategie für den Umgang mit der AfD ist einfach. Die CDU fühlt sich nicht speziell herausgefordert. Die AfD habe ein Potenzial, „das aus allen Parteien kommt“, analysierte Merkel. In Thüringen verlor die Linkspartei 16.000 Wähler an die AfD, die SPD 12.000 und die FDP 11.000. Allen drei Parteien taten die Verluste weitaus mehr weh als der CDU, die zwar mit 18.000 Stimmen am meisten verlor, aber unterm Strich immer noch besser als bei der letzten Wahl abschnitt. Das neue Zauberwort zur AfD heißt jetzt „populistisch“, wie der Erfurter Fraktionschef Mike Mohring ironisch erklärte. Bisher nannte man die AfD „rechtspopulistisch“. Die neue Losung macht deutlich, dass alle Parteien gefordert sind, auch die im linken Spektrum.

Zwar hatte der rechte Flügel der CDU, der „Berliner Kreis“, in einem dreiseitigen Manifest die Führung aufgefordert, sich mehr mit den Wählern der AfD zu befassen. Aber was wie eine unmittelbare Reaktion auf die Doppelwahl aussah, war nur eine Wiederholung altbekannter Positionen. Das Papier selbst stammte vom 11. September. Drei Tage vor der Wahl war allen im Berliner Politbetrieb klar, dass die AfD gut abschneiden würde. Und so wie der Berliner Kreis seine Forderungen wiederholte, so stellte sich die CDU-Führung erneut taub. Das kann sie sich erlauben, weil der rechte Flügel nicht wirklich relevant ist. In seiner Partei gebe es nicht mehr den klassischen Konservativen, „ebenso wenig den klassischen Linken“, sagte der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder.

„Bisher war man in der Führung der Union der Auffassung, es sei die beste Strategie, die AfD zu ignorieren“, kritisierte der Berliner Kreis. Es ist eine zutreffende Beschreibung – und daran wird sich nichts ändern. Unions-Fraktionschef Volker Kauder, ein enger Vertrauter Merkels, stellte schon am Montagmorgen klar, „wir bleiben bei unserem Kurs“. Die CDU will alles vermeiden, was die AfD aufwerten könnte. Das Wegsehen ist Teil der Strategie. Kauder achtet sogar darauf, nicht mit AfD-Politikern aufzutreten, etwa bei Talkshows. Und wenn Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht im Wahlkampf auf die AfD angesprochen wurde, griff die frühere Pastorin auf einen biblischen Spruch zurück: „Sei getrost und unverzagt, fürchte dich nicht und lass dich nicht erschrecken.“

Abwarten ist auch eine Strategie. Generalsekretär Peter Tauber setzt darauf, dass die AfD sich selbst zerlegen wird, sobald sie in den Parlamenten gefordert ist. Das will Tauber geduldig abwarten. Eine Strategie lebe davon, „dass man sie durchhält und nicht alle drei Wochen ändert“. So äußerte er sich schon nach der Sachsen-Wahl, und daran hält er zumindest bis 2015 fest, wenn nur Wahlen in zwei Stadtstaaten anstehen. Die AfD hat ihre Chance erkannt: Man lässt sie gewähren. Noch am Wahlabend rief Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland: „Auf zur Wahl in Hamburg und Bremen.“ Jetzt ist der Norden dran.