Die Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln zeigt: Die Unterschiede bei Einkommen und Kaufkraft zwischen Ost- und Westdeutschland sind geringer als zwischen Stadt und Land.

Berlin/Köln. Das Armutsgefälle zwischen Ost- und Westdeutschland ist deutlich geringer als das zwischen städtischen und ländlichen Regionen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Erstmals berücksichtigte das Institut die örtlichen Preisunterschiede, wodurch sich die Unterschiede relativieren.

Die Armutsquoten zwischen Ost und West liegen, nur das Einkommen betrachtend, rund sechs Prozentpunkte auseinander. Wird die Kaufkraft berücksichtigt, liegt die Quote in Ostdeutschland nur noch etwa drei Prozentpunkte über der im Westen. Denn nicht nur die Mieten, sondern die gesamten Lebenshaltungskosten sind in Ostdeutschland günstiger als in den alten Bundesländern.

Dagegen ist der Unterschied zwischen Stadt und Land deutlicher: Auf dem Land sind im Schnitt 14 Prozent der Menschen arm, in Städten sind es 22 Prozent. In Köln, Dortmund und Berlin gelten ein Viertel der Bürger als arm. In Deutschland gelten Einzelpersonen oder Haushalte als arm, wenn ihr Einkommen höchstens 60 Prozent des mittleren Einkommens erreicht. Die Armutsschwelle liegt bei 871 Euro pro Person.

Wie die IW-Studie zeigt, ist der Anteil der Armutsgefährdeten in den neuen Ländern nicht viel höher als im Westen, wenn die unterschiedlichen Preise berücksichtigt werden. „Ein Euro ist in München schließlich weniger wert als in Greifswald“, sagt IW-Chef Michael Hüther. Wenn man die Preisunterschiede einbeziehe, sei Deutschland von dem im Grundgesetz verankerten Versprechen gleichwertiger Lebensverhältnisse gar nicht weit entfernt. Fast jeder fünfte Einwohner Ostdeutschlands muss mit weniger als 871 Euro im Monat auskommen und gilt mithin als armutsgefährdet. Im Westen sind es mit gut 14 Prozent deutlich weniger.

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft hat in seinen Armutsvergleich nun erstmals die regional sehr unterschiedlichen Preise einbezogen und erhält dadurch ein erheblich anderes Bild. Denn mit Thüringen erreicht nun ein Ost-Land mit 13,8 Prozent die drittniedrigste Quote an Einkommensarmen nach Bayern und Baden-Württemberg.

Auch Sachsen und Brandenburg schieben sich deutlich nach vorne und liegen nun sogar vor Nordrhein-Westfalen. Dagegen stehen mit Bremen und Berlin Stadtstaaten schlecht da. Insgesamt halbiert sich der Ost-West-Unterschied in Bezug auf die Armutsgefährdung. Blickt man auf Entwicklung seit 2006, zeigt sich zudem, dass die Armut fast ausschließlich im Westen zugenommen hat.

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