Kliniken und Mediziner sollen nicht auf Kosten sitzen bleiben. Hamburger Ärzte-Chef pocht auf Staatshaftung für Hebammen und niedrige Versicherungssteuer für Ärzte.

München/Hamburg. Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Frank Ulrich Montgomery, fordert eine bessere gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen und plädiert für einen anonymen Krankenschein. Die unbefriedigende Regelung in Deutschland müsse ein Ende haben, sagte Montgomery dem „Focus“. Ärzte seien verpflichtet, „alle gleich zu behandeln, egal woher sie kommen und welchen Schutzstatus sie nach Ausländerrecht haben“, sagte er.

Die Bundesärztekammer schlage daher die Einführung eines anonymen Krankenscheins für alle Gruppen vor, die keine Sozialversicherung haben. Krankenhäuser oder Praxen dürften nicht auf den Behandlungskosten sitzen bleiben.

Mitte April hatte der Fall eines schwer erkrankten Flüchtlingskindes Schlagzeilen gemacht. Drei Mitarbeiter eines Aufnahmelagers waren zu Geldstrafen verurteilt worden, weil sie dem lebensgefährlich erkrankten Kind nicht geholfen hatten.

Montgomery forderte außerdem eine Staatshaftung für Kunstfehler in der Geburtshilfe. Der am 27. Mai beginnende Ärztetag wolle einen entsprechenden Vorschlag machen, kündigte er an. Die Debatte um hohe Haftpflichtprämien betreffe nicht nur freiberufliche Hebammen, sondern auch Gynäkologen. Seinen Vorstoß begründete Montgomery damit, dass das Thema Geburten ein für die gesamte Gesellschaft relevantes Thema sei. Lediglich „Fälle grober Fahrlässigkeit“ sollten von der Staatshaftung ausgenommen werden.

Generell brauche es auch für andere ärztlichen Fachgruppen steuerliche Verbesserungen, erklärte Montgomery. Der Staat bereichere sich durch die Versicherungssteuer an exorbitant steigenden Prämien. „Warum soll Minister Schäuble am Leid von Kunstfehlern in der Medizin mitverdienen?“ Der Ärztepräsident schlug vor, den Mehrwertsteuersatz für alle Haftlichtversicherungen von Ärzten von 19 auf 11 Prozent zu senken.