Parteigenossen wie Ex-Bundestagspräsident Thierse und Berlins SPD-Chef Stöß nehmen den Regierenden Bürgermeister allerdings aus der Schusslinie. Letzterer widerspricht Buschkowskys Aussage von einer „brennenden Hütte“.

Berlin. Nach Bundesparteichef Sigmar Gabriel haben auch Berliner Sozialdemokraten dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in der Steueraffäre um den zurückgetretenen Kulturstaatssekretär André Schmitz den Rücken gestärkt.

Der Vorsitzende der Berliner SPD, Jan Stöß, sagte der „Berliner Morgenpost“ (Freitag): „Wir stehen hinter unserem Regierenden Bürgermeister und werden da auch nicht wackeln.“ Auch der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse stützte Wowereit.

Stöß widersprach der Aussage des Neuköllner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky (SPD), der gesagt hatte, dass „die Hütte brennt“: „Die Hütte brennt nicht, sondern steht stabil. Wir werden die Angelegenheit am Montag im Landesvorstand gemeinsam mit Klaus Wowereit in aller Ruhe besprechen.“ Der Fall Schmitz sei geklärt, einen Fall Wowereit gebe es nicht.

Thierse verteidigte das lange Festhalten von Wowereit an dem Kulturstaatssekretär. „Ich fürchte, ich hätte dasselbe getan wie Wowereit – auch wenn sich das hinterher als politischer Fehler auslegen lässt“, sagte Thierse der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Online). „Ich hätte an André Schmitz festgehalten, weil er ein so guter Kulturpolitiker ist, der so viel für Berlin geleistet hat. Sein Rücktritt ist schädlicher für Berlin, als es sein Vergehen je war.“

Gabriel: Fall Schmitz ist bereinigt

Am Donnerstag hatte sich bereits SPD-Chef Gabriel hinter Wowereit gestellt. „Es gab einen Fall Schmitz und der ist bereinigt. Daraus jetzt einen Fall Wowereit konstruieren zu wollen, ist absurd“, sagte Gabriel „Spiegel Online“.

Die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus will Wowereit wegen der Steueraffäre in die Mangel nehmen. Linke, Grüne und Piraten beantragten am Donnerstag eine gemeinsame Sondersitzung der Mitglieder von Rechtsausschuss und Innenausschuss.

Es geht um die Frage, ob Wowereit seinen Staatssekretär André Schmitz im Amt lassen durfte, nachdem er 2012 von dessen Steuerbetrug erfahren hatte. Schmitz war am Dienstag zurückgetreten, nachdem Medien darüber berichtet hatten.

Parteienforscher sieht Wowereits Position stabil

Nach Ansicht von Parteienforscher Gero Neugebauer ist Wowereits Position innerhalb der SPD stabil. „In der Berliner SPD gibt es nur schwache Formationen, wenn es um die Wowereit-Nachfolge geht“, sagte der Wissenschaftler von der FU Berlin am Freitag im Inforadio des RBB. „Niemand will als Königsmörder auftreten, es gibt auch keine Turbulenzen auf Senatsebene. Offenbar hat das Ereignis nicht genügend Sprengkraft.“

Gleichwohl könne Wowereit die aktuelle Krise um den Rücktritt seines Kulturstaatssekretärs aber nicht so einfach aussitzen. „Er wird nicht als ramponierter und aus dem Amt gedrängter Regierender Bürgermeister in den Geschichtsbüchern auftauchen wollen. Deshalb wird er sich etwas einfallen lassen müssen“, meinte der Parteienforscher.

Wowereit gibt Essen für Berlinale-Jury

Unterdessen ist Wowereit am Donnerstagabend sogar der Eröffnung der Berlinale ferngeblieben - offiziell, weil er sich Urlaub nahm. Dafür handelte er sich prompt den Spott von Anke Engelke ein, die die Gala der Filmfestspiele moderierte.

Am Sonntag will Wowereit nun sein traditionelles Mittagessen für die Wettbewerbs-Jury geben. Die Einladung sei Ausdruck des Dankes und der Wertschätzung der Filmmetropole Berlin für die Arbeit der Bären-Juroren, erklärte der Regierende Bürgermeister am Freitag.

Seinen angekündigten Besuch in der Weltpremiere von Lars von Triers „Nymphomaniac Volume I“ am Sonntagabend sagte Wowereit dagegen ab. Der Film über eine sexsüchtige Frau wird erstmals in unzensierter Langfassung gezeigt.