Die zentrale Gedenkfeier des Volkstrauertages im Bundestag wird live übertragen

Berlin. Es ist ein ungeliebter Feiertag im traurigen Monat November: der Volkstrauertag. Ein stiller Tag, an dessen Einschränkungen für Diskotheken sich viele stoßen und mit dessen Ritualen, den Kranzniederlegungen, viele Bürger wenig anfangen können. Deutschland erinnert damit an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, am nationalen Gedenktag für die Opfer der beiden Weltkriege und des Nationalsozialismus. Er findet jeweils zwei Sonntage vor dem ersten Advent statt. Veranstaltungen an diesem Tag sollen zur Versöhnung und Völkerverständigung beitragen und zu Toleranz und Frieden. Bei der traditionellen Veranstaltung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Plenarsaal des Bundestages hält der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, die Gedenkrede. Bundespräsident Joachim Gauck spricht das Totengedenken (live ab 16 Uhr in der ARD).

Der Friedensbeauftragte der Evangelischen Kirche, Renke Brahms, warnte vor einer „Eigendynamik“ des militärischen Denkens. Sie behindere zivile Möglichkeiten der Konfliktlösung, sagte der Bremer Theologe. „Höchst ärgerlich ist es, dass in der Öffentlichkeit ein Bild vorherrscht, in dem offensives Handeln mit einem Militärschlag gleichgesetzt und die Ablehnung einer Militäroffensive als naiver Pazifismus bewertet wird.“ Der Volkstrauertag wurde in der Bundesrepublik 1952 auf Anregung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge wieder eingeführt. Die Ursprünge reichen bis in das Jahr 1922, als im Reichstag der Weimarer Republik die erste offizielle Feierstunde stattfand. Damals veranstaltete der Volksbund eine Feier, um das Gedenken an die Millionen Kriegstoten des Ersten Weltkrieges zu wahren. Die Nationalsozialisten wandelten den Volkstrauertag in einen „Heldengedenktag“ um, der bis 1945 jährlich im März stattfand.

Markus Meckel ist seit Mitte Oktober Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. „Mein Vater war Offizier der Wehrmacht in Russland und ist erst 1949 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt“, begründet der 61-jährige evangelische Pfarrer sein Engagement für den Volksbund, der in 45 Staaten 832 Kriegsgräberstätten mit 2,5 Millionen Kriegstoten betreut. Bei aller Dankbarkeit, dass Deutschland befreit worden sei, müsse man sich klarmachen, welche Schicksale die Betroffenen durchlitten hätten. „Gerade jungen Menschen kann man deutlich machen, dass die Soldaten aller Seiten oft in ihrem Alter waren, als sie verwundet wurden oder gefallen sind.“

Der SPD-Politiker, der 1990 letzter Außenminister der in Auflösung befindlichen DDR war, nennt auch politische Gründe: Gerade bei Kontakten mit Polen, Russland und den baltischen Staaten merke man, wie sehr die politischen Beziehungen noch durch die Erinnerung an die Kriege geprägt seien. „Wir Deutschen haben in zwei Weltkriegen ganz Europa mit Gräbern überzogen. Da ist es ein faszinierender Gedanke, dass diese Gräberfelder heute Stätten der Versöhnung sein können.“

Das sehen nicht alle so: Vor einem Jahr sah sich der Volksbund aufgefordert, vor einer Umwertung des Gedenktags durch Rechtsextremisten zu warnen. Ihre Aufrufe zum sogenannten „Heldengedenken“ seien eine Verhöhnung der Gefallenen und aller Verfolgten des Naziregimes.