Die Mitglieder der grünen Bundestagsfraktion haben Claudia Roth mit 54 von 63 Stimmen nominiert. Zuvor hatte die ehemalige Fraktionschefin Renate Künast eine Bewerbung als Bundestags-Vizepräsidentin zurückgezogen.

Berlin. Bei den Grünen ist der Streit um den Posten des Bundestagsvizepräsidenten entschieden: Ex-Fraktionschefin Renate Künast zog ihre Kandidatur für das Amt zurück, wie am Dienstag aus Fraktionskreisen in Berlin verlautete.

Anschließend nominierten die Bundestagsfraktionsmitglieder die scheidende Parteichefin Claudia Roth als mögliche Bundestagsvizepräsidentin. Sie erhielt in einer Fraktionssitzung 54 von 63 Stimmen, wie ein Sprecher mitteilte.

Bisher war eine Kampfabstimmung zwischen Roth und Künast in der Fraktionssitzung am Dienstag erwartet worden. Sie wolle nicht antreten, sagte Künast am Dienstag in einer Fraktionssitzung, wie mehrere Teilnehmer bestätigten. „Die Welt wartet nicht auf diese Abstimmung.“

Bisher sitzt für die Grünen die neue Fraktionschefin und Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt, im Bundestagspräsidium. Sie hatte auf den Posten der Stellvertreterin von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zugunsten des Fraktionsvorsitzes verzichtet. Die Union hat Lammert bereits erneut für den Posten nominiert, die Nominierung für das Präsidium des Bundestages steht bei der SPD noch aus.

Am Montagabend war es zwischen den Grünen-Abgeordneten zu Streitereien gekommen. Am Dienstagmorgen kamen die Grünen dann zu einer Fraktionssitzung zusammen. Auf der Tagesordnung stand unter anderem die Nominierung der grünen Bundestagsvizepräsidentin. Der scheidenden Parteichefin Roth, die das Amt übernehmen will, war auf dem Weg zur Sitzung Nervosität anzumerken.

Grüne überwiegend skeptisch - bis auf Hofreiter

Derweil hält der neue Grünen-Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter eine schwarz-grüne Koalition trotz zahlreicher Differenzen für ein spannendes Modell. „Hier wären wir in vielen Dingen unterschiedlicher Meinung, aber es könnte auch durchaus spannend sein, in so einer Konstellation zu gemeinsamen Lösungen zu kommen“, sagte Hofreiter der Koblenzer „Rhein-Zeitung“ (Dienstag).

Allerdings betonte er, ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken „wäre eine Koalition mit vielen inhaltlichen Übereinstimmungen“, Schwarz-Grün eher eine komplementäre Koalition. Union und Grüne wollten am Dienstag in Berlin zu einer zweiten Sondierungsrunde zusammenkommen.

Nach der schwierigen zweiten Sondierungsrunde von Union und SPD überwiegt bei den Grünen ansonsten eher die Skepsis vor eigenen Gesprächen mit CDU/CSU. Man habe den Eindruck, dass die SPD es der Union auch aus internen Gründen nicht zu leicht machen wolle, verlautete am Dienstag aus der Sondierungsdelegation der Grünen. Schließlich müssten die Sozialdemokraten am Sonntag die Hürde ihres Parteikonvents vor schwarz-roten Koalitionsverhandlungen nehmen.

Der grüne Wahlkampf-Spitzenkandidat Jürgen Trittin sagte, etwa beim Thema Mindestlohn müsste sich die Union mit den Grünen mindestens genauso stark bewegen wie mit der SPD. Fraktionschef Hofreiter sagte vor der zweiten schwarz-grünen Sondierungsrunde am Abend: „Wir werden uns sehr, sehr tief inhaltlich auseinandersetzen.“ Danach werde zügig entschieden, was die Verhandler der Ökopartei dem Grünen-Parteitag am Wochenende empfehlen.