Eine neue Biografie enthüllt auch die unbekannten Seiten des Bundespräsidenten

Berlin. Er war der Wunschpräsident vieler Deutscher. Nach wie vor ist er beliebter als Angela Merkel – aber stimmt das Bild, das die Deutschen von Joachim Gauck haben? Eine in den kommenden Tagen erscheinende Biografie jedenfalls bestätigt es weitgehend. Geschrieben hat das Buch Mario Frank, einst Geschäftsführer des Spiegel-Verlages. Rund zehn Mal traf er sich zu Gesprächen mit Gauck, der an das Manuskript allerdings auch selbst mit Hand anlegte. Denn immer dort, wo seine Beurteilung zeitgeschichtlicher Vorgänge von der des Autors abwich, fügte er seine Sicht der Dinge in das Buch ein.

Das ist ein zumindest ungewöhnlicher Vorgang, der die Souveränität des Autors und des Verlags wie die Kritikfähigkeit Gaucks in Zweifel zieht. In seinen Gesprächen mit Gauck gewann Frank den Eindruck eines mit seinem Amt überforderten Staatsoberhauptes. Eine Beraterin im Präsidialamt sprach von „Ermüdungserscheinungen“ bei Gauck. Der Präsident klage über zu viele Termin-Zusagen seiner Vorgänger, denen er Folge leisten müsse. Die Arbeit könne „nicht in diesem Tempo und in dieser Intensität weitergehen“, notiert er. Die „intellektuelle und körperliche Bürde des Amtes“ belaste den 73-Jährigen, der im März 2012 gewählt wurde.

Frank schreibt Gauck ausführlich eine besondere Beziehung zu Frauen zu. „Er kann unheimlich flirten. Und dabei ist es ihm ganz egal, in welchem Alter die Frau ist“, zitiert er eine Jugendfreundin. Neu ist wohl, dass Gauck in den Westen reisen konnte. So war er Ende der 70er-Jahre für zehn Tage privat in West-Berlin, 1981 und 1982 zweimal dienstlich in Schweden und erhielt von 1987 bis zur Wende 1989 weitere elf Mal die Erlaubnis für Westreisen. Solche Reisen waren auch in der Endphase der DDR nur Leuten erlaubt, die dem System sehr nahestanden. Gauck behauptet in dem Buch hingegen, keine dieser Reisegenehmigungen sei „untypisch“ gewesen.

Der Präsident sieht der Reaktion der Öffentlichkeit auf die Biografie gelassen entgegen. „Wir sind ein freies Land“, sagte er. Den Vorwurf der Überlastung im Amt kommentierte Gauck nicht.