Die wichtigsten Konsequenzen aus dem Bericht des Untersuchungsausschusses

Berlin. Seit Donnerstag kann jeder das Versagen der Behörden bei der Aufklärung der erschütternden Mordserie dreier Rechtsterroristen nachlesen. Auf 1357 Seiten dokumentierte der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages Fehler und Ignoranz bei Polizei, Justiz und Verfassungsschutz, die dazu führten, dass nicht Rechtsextreme, sondern die Opferfamilien selbst und angebliche Mafia-Seilschaften verdächtigt wurden. Ein „historisch beispielloses Desaster“, bilanzierte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy (SPD) bei der Vorstellung des Abschlussberichts und machte zugleich klar: Um dies künftig zu verhindern, sind nicht nur Reformen, sondern ein Umdenken beim Thema Rechtsextremismus nötig. Die Mitglieder einigten sich auf 47 Reformvorschläge für die Bereiche Polizei, Justiz und Verfassungsschutz.

Für den Bereich Polizei schlägt der Ausschuss vor, bei Gewalttaten gegen Minderheiten ein rechtsextremes Motiv immer in Betracht zu ziehen, wenn es keinen hinreichenden Tatverdacht in eine andere Richtung gibt. Zeugenaussagen, die auf eine rassistisch motivierte Tat hindeuten, sollten immer dokumentiert und berücksichtigt werden.

Um einen besseren Umgang mit Opfern zu erzielen und für Rechtsextremismus zu sensibilisieren, soll der Bereich „interkulturelle Kompetenz“ verpflichtender Bestandteil der Polizeiarbeit sein. Auch das Versagen der Behörden im konkreten Fall um den NSU soll jungen Polizisten in der Ausbildung vermittelt werden.

Für den Bereich Justiz fordert der Ausschuss, einen größeren Spielraum dafür zu eröffnen, wann der Generalbundesanwalt sich eines Verfahrens annehmen kann. Staatsanwaltliche Sammelverfahren, die nach Auffassung des Untersuchungsausschusses bei den NSU-Fällen schneller eine Aufklärung hätten herbeiführen können, sollen künftig schneller in Betracht gezogen werden. Richter und Staatsanwälte sollen wie Polizisten in der Aus- und Fortbildung stärker mit dem Thema Rechtsextremismus konfrontiert werden, um eine Unterschätzung des Problems zu vermeiden.

Für den Bereich Verfassungsschutz verlangt der Ausschuss „eine größere Sensibilität für die Gefahren, die Demokratie und Menschenwürde in Deutschland durch die Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts und rechtsextremer Strukturen drohen“, und ein Ende der Abschottung durch mehr Transparenz und Kontrolle. Bei den umstrittenen V-Leuten, die als Insider und Mitglieder einer Szene dem Geheimdienst gegen Geld Auskunft geben, fordert der Ausschuss klare Regeln darüber, wer dafür geeignet ist. Diese Empfehlung ist ein Minimalkonsens, da Grüne und Linke die V-Mann-Praxis ganz abschaffen, Union, FDP und SPD sie aber beibehalten wollen. Auch die zentrale Frage zur Zukunft des Verfassungsschutzes fand unter den Ausschussmitgliedern letztlich keine einstimmige Antwort: Während die Linke ihn abschaffen, die Grünen ihn auflösen und neu strukturieren wollen, halten die anderen Parteien den Inlandsgeheimdienst in seiner jetzigen Form für reformierbar.