Aber auch Schleswig-Holstein hat etwas weniger Einwohner als bisher angenommen. Ausländeranteil liegt unter Bundesdurchschnitt.

Hamburg. Der Hamburger Speckgürtel wird dem bei seinen Bewohnern ungeliebten Namen nun auch zählbar gerecht. Laut Zensus 2011, der ersten Volkszählung seit 1987, haben sich nirgendwo in Schleswig-Holstein mehr Menschen in den vergangenen 25 Jahren neu angesiedelt als in den vier Umlandkreisen Segeberg, Herzogtum Lauenburg, Pinneberg und Stormarn. Am stärksten wuchs dabei der Kreis Segeberg mit 48.444 neuen Einwohnern. Selbst die sonst nüchternen Zahlenjongleure vom Statistikamt Nord sahen den Grund in der wachsenden und wirtschaftlich gedeihenden Stadt Hamburg. Sie habe ihren vier Nachbarkreisen einen Großteil der insgesamt fast 160.000 zusätzlichen Einwohner beschert.

Im Ratssaal des Pinneberger Rathauses hielten sich die Statistiker bei der Vorstellung der Volkszählungsergebnisse ansonsten mit Bewertungen zurück. Wie in allen anderen Bundesländern musste auch die Einwohnerzahl Schleswig-Holsteins entgegen der langjährigen Annahme nach unten korrigiert werden. 2,8 Millionen Menschen leben am Stichtag 9. Mai im nördlichsten Bundesland, 33.600 weniger als angenommen. Seit der Volkszählung 1987 ist die Zahl der Einwohner dennoch um 245.000 gestiegen. Im gleichen Zeitraum sind immerhin auch 200.000 neue Wohngebäude hinzugekommen. Die Zahl der Wohnungen in den Häusern stieg um 299.000 oder 27 Prozent. In allen Kreisen stieg die Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden stark.

Welche Auswirkungen die neuen Einwohnerzahlen auf den Länderfinanzausgleich und die Zuwendungen für die Kommunen haben werden, lässt sich noch nicht sagen. Dies hänge auch von der Entwicklung der Bevölkerungszahlen der anderen 15 Länder ab, hieß es aus dem Finanzministerium. Vor 25 Jahren hatte es teils kräftige Verschiebungen unter den Bundesländern und in Kommunen gegeben. „Die steigenden Einwohnerzahlen zeigen, dass Schleswig-Holstein ein attraktives Land mit Zukunft ist“, sagte Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). Politik könne mit den neuen Daten noch passgenauer für die Menschen gestaltet werden. „Dazu werden wir die Zahlen nun in allen Ministerien gründlich auswerten und unsere Schlüsse daraus ziehen.“ Laut Helmut Eppmann, Vorstand des Statistikamtes Nord, hängen etwa 90 Rechtsvorschriften von den neuen Zahlen ab. Darunter die Verteilung der Wahlkreise oder die Bürgermeisterbesoldung.

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, für die Kommunen im Land ändere sich im Jahr 2013 nichts. 2014 sei mit einer Übergangsregelung zu rechnen. Ob die angestrebte Reform des Finanzausgleichs 2015 bereits den Zensus 2011 berücksichtige, sei noch unklar.

Verlierer der vergangenen 25 Jahre sind unterdessen die Städte des Flächenlandes. Eine Landflucht geben die Zensus-Ergebnisse jedenfalls nicht her. Den deutlichsten Rückgang hatte Flensburg mit minus fünf Prozent zu verkraften. In der Grenzstadt leben nunmehr nur gut 82.000 Menschen statt 89.000. Kiel verlor 0,8 Prozent, Lübeck 0,1 Prozent und Neumünster 3,2 Prozent (plus 0,5). Bei den Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern gab es teils erhebliche Korrekturen, so leben in Plön rund 32 Prozent weniger Einwohner als angenommen. Statt 13.000 nur noch gut 8600. Die Gemeinde Sylt verlor 8,9 Prozent. Bei den kleinen Gemeinden gab es Gewinner wie Gröde, wo die Einwohnerzahl um 85 Prozent stieg und Lüchow mit 45 Prozent Zuwachs. Ausreißer nach unten waren der Sylter Zipfel List (-32,3) und Groven (-30,5).

Der Ausländeranteil in Schleswig-Holstein liegt mit 4,2 Prozent deutlich unter dem Bundesdurchschnitt, ebenso der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (11,7 Prozent/Bundesschnitt 18,9 Prozent). Der Bildungsstand gleicht dagegen dem deutschen Durchschnitt: 26 Prozent haben Hochschulreife, sechs Prozent gar keinen Schulabschluss und 13 Prozent einen Hochschulabschluss.