Die Partei Alternative für Deutschland könnte Schwarz-Gelb die Macht kosten. Bei der nächsten Wahl will sie in einem Kopf-an-Kopf-Rennen das Zünglein an der Waage sein.

Berlin. Es waren 335 Stimmen, die David McAllister bei der Landtagswahl in Niedersachsen fehlten. Hätte er die bekommen, säße der CDU-Politiker heute nicht in der Opposition, sondern weiter im Büro des Ministerpräsidenten als Regierungschef einer christlich-liberalen Koalition. Die Freien Wähler, unterstützt von der Wahlalternative 2013, holten im Januar 39.000 Stimmen – darunter so manche von Bürgern, die früher einmal CDU oder FDP gewählt haben. Am Ende erreichten die Freien Wähler damit nur 1,1 Prozent. Aber beim Kopf-an-Kopf-Rennen um die Macht zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün waren sie das Zünglein an der Waage.

Glaubt man den Umfragen der Demoskopen, dann wird es bei der Bundestagswahl im September ähnlich eng zugehen zwischen den beiden großen Lagern. Sorgen machen müssen sich die etablierten Parteien nun über eine Gruppierung, die aus der Wahlalternative 2013 hervorgegangen ist: der Alternative für Deutschland, kurz AfD. Am Wochenende gründete sie ihren Hamburger Landesverband. Schon bevor diese neue Bewegung am kommenden Sonntag ihren Gründungsparteitag veranstaltet, ermittelte Infratest im Auftrag der „Welt am Sonntag“: 24 Prozent der Deutschen können sich vorstellen, die Partei bei der Bundestagswahl zu wählen. Auf eine entsprechende Frage antworteten sieben Prozent mit „Ja, sicher“ und 17 Prozent mit „Ja, vielleicht“. 59 Prozent schlossen aus, für die AfD zu stimmen. Die Studie wurde am 3. und 4. April mit 1000 Befragten erstellt.

Nun ist so ein Wählerpotenzial keine harte Währung und kann sich schnell verflüchtigen. So glaubt der Parteienforscher Oskar Niedermayer auch nicht, dass die AfD im Herbst die Fünfprozenthürde überspringen wird. Dennoch könne sie „eine Wiederauflage der bürgerlichen Regierung verhindern“ – eben als Zünglein an der Waage in einem engen Wettlauf zwischen Rot-Rot-Grün und Schwarz-Gelb.

Mobilisieren will die Alternative vor allem mit einem Thema: dem Ausstieg aus dem Euro. Zwar finden sich im Parteiprogramm auch Themen wie die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz, das die Zuwanderung von Fachkräften durch ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild ermöglichen soll. Die Idee eines vereinfachten Steuerrechts ist ebenso aufgeführt wie der Wunsch nach einer Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Doch damit unterscheidet sich die AfD nicht grundsätzlich von Parteien wie der FDP, in deren Wahlpapier diese Themen ebenfalls auftauchen. Das Alleinstellungsmerkmal ist die Forderung nach einer Auflösung des Euro-Währungsgebietes und die Wiedereinführung nationaler Währungen. Laut Infratest findet die AfD damit Anklang unter Anhängern aller Parteien. Doch die Gründer der Protestbewegung entstammen vor allem dem schwarz-gelben Milieu: Die Parteispitze wird geprägt von Wirtschaftsprofessoren und ehemaligen CDU-Mitgliedern.

Nicht zu vergessen ist, dass die AfD längst nicht zur Bundestagswahl zugelassen ist. Neben der Gründung der Bundespartei sind auch noch nicht alle 16 Landesverbände ins Leben gerufen worden. Außerdem müssen pro Bundesland noch 2000 Unterschriften von Unterstützern gesammelt werden. Nur wenn diese Vorgaben erfüllt werden, hat die „Alternative für Deutschland“ die Chance, bei der Bundestagswahl im Herbst tatsächlich das Zünglein an der Waage zu werden.