Die “Alternative für Deutschland“ glaubt, mit der D-Mark wäre alles besser

Um Europa steht es in diesem eisigen Frühjahr nicht zum Besten: Zypern praktisch pleite, Griechenland auch, Spanien dümpelt vor sich hin, Italien findet keine Regierung, auch über Frankreich schwebt beständig das Damokles-Schwert der Krise. In Portugal zerschießt das Verfassungsgericht die Sparpläne der Regierung. Großbritannien, das seit Beginn seiner Mitgliedschaft in der EU eine Politik des Rosinenpickens betrieb, plant ein Referendum über den Austritt aus der Gemeinschaft. Deutschland wiederum, das den größten Beitrag für die Rettungsschirme der Gemeinschaft aufbringt, muss sich wegen seines Sparkurses dafür von den Südländern als Reinkarnation des Dritten Reichs beschimpfen lassen. Die Kanzlerin wird wahlweise in SS-Uniform, mit Hitlerbärtchen oder als Domina verunglimpft. Und deutsche Sparer, traumatisiert durch zwei Weltkriege, Währungsschnitte und eine Hyperinflation, fürchten um ihre Notgroschen. Spätestens seit im Zuge der Zypernrettung auch Zwangsabgaben von Kleinsparern im Gespräch waren.

Bei diesem Szenario ist es eigentlich ein Wunder, dass es bisher noch keine Partei geschafft hat, dieses Potenzial für sich gewinnbringend aufzugreifen. Am kommenden Sonntag soll sich das ändern. Dann wird der Bundesparteitag der "Alternative für Deutschland" das Programm der neuen Bewegung beschließen, mit dem sie zur Bundestagswahl antreten will. Der Kernpunkt steht schon auf ihrer Internetseite ganz oben: "Schluss mit diesem Euro! Die Bundesrepublik Deutschland steckt in der schwersten Krise ihrer Geschichte. Die Altparteien sind verkrustet und verbraucht. Beharrlich weigern sie sich, ihren Fehler einzugestehen und zu korrigieren." Dabei macht allerdings schon die Eingangsanalyse stutzig: Die Bundesrepublik in der schwersten Krise ihrer Geschichte? Die Konjunktur brummt, die Arbeitslosigkeit ist niedrig, die Beschäftigtenquote hoch wie nie, die Sozialkassen sind prall gefüllt, und in der Haushaltspolitik zeichnet sich endlich ein Ausweg aus immer höheren Schulden ab. Das kann nicht alles trotz des Euro so gekommen sein, sondern vor allem gerade wegen der Gemeinschaftswährung. Sie sichert einen großen Markt für unsere Exportprodukte. Sie verhindert auch die drastische Aufwertung einzelner nationaler Währungen - etwa der D-Mark, gäbe es sie noch - was zur erheblichen Verteuerung unserer Produkte und einer Ausfuhrkrise führen würde. Die These, dass der Euro nur Teufelswerk sei, ist also kaum zu halten. Dass bei seiner Einführung und bei den Rettungsmaßnahmen Fehler gemacht wurden, ist sicherlich auch nicht zu leugnen. Nur mit postmortaler Besserwisserei und einem Zurück ins nationale Biotop wird sich keine bessere Zukunft gestalten lassen. Auch nicht mit dem Beschimpfen der sogenannten Altparteien. Und den ökonomischen Sachverstand der Alternative-Gründer in allen Ehren: Aber Politik ist kein Wirtschaftsseminar, sondern besteht in der Kunst des Interessensausgleichs ganz verschiedener Akteure. Die einfache, von Fachleuten erstellte und quasi nach Rezept anzuwendende Lösung wird es nicht geben. Das wäre auch keine Alternative für Deutschland oder zur jetzigen Politik. Das genügt allenfalls für den raschen Aufstieg einer weiteren Protestpartei, die etwa der FDP und damit dem bürgerlichen Lager entscheidende Stimmen kosten könnte. Ansonsten droht ihr der Weg aller Vorläufer von STATT Partei über Pro-DM, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive oder auch den Piraten, die nach einer Phase erhöhter Aufmerksamkeit mangels Substanz und Beharrlichkeit wieder in der Versenkung verschwinden.

Und es bleibt die dringende Mahnung an die verantwortlichen Politiker, Europa, den Euro und die Ideale der Gemeinschaft besser zu erklären und zu vertreten, als sie das bisher getan haben.