Der Linken-Fraktionschef hat sich beim Skifahren verletzt und deshalb alle Termine in dieser Woche abgesagt. Niedersachsens Linke schützt Gysi.

Saarbrücken/Berlin/Hannover. Wegen einer Schulter-Operation nach einem Ski-Unfall hat Linksfraktionschef Gregor Gysi alle Termine in dieser Woche abgesagt. Auch der Politische Aschermittwoch im Saarland werde in diesem Jahr ohne ihn stattfinden, teilte ein Sprecher der saarländischen Linken am Montag mit. Zu der Veranstaltung in Wallerfangen werden nun als Hauptredner Linke-Vizechefin Sahra Wagenknecht und der Vorsitzende der Linken-Fraktion im saarländische Landtag, Oskar Lafontaine, auftreten.

Am Wochenende war bekanntgeworden, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs einer falschen eidesstattlichen Versicherung eingeleitet hat. Dabei geht es um die Frage, ob Gysi als Anwalt in der DDR mit der Stasi zusammengearbeitet hat oder nicht.

Nach Ansicht der Linken in Niedersachsen sind die aktuellen Stasi-Vorwürfe gegen Gysi falsch. „Damit ist der Bundestagswahlkampf eröffnet“, sagte Landeschef Manfred Sohn am Montag in Hannover. Die Landespartei habe auf ihrem Parteitag in Hameln am Sonntag einstimmig beschlossen, die Angriffe zurückweisen. „Wir stehen vorbehaltlos solidarisch zu Gregor Gysi“, heißt es in dem Beschluss.

Bei der Opposition steht Gysi dagegen in der Kritk. Der Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion für den Aufbau Ost, Patrick Kurth, legte ihm nahe, „bis zur Klärung der Vorwürfe seine Ämter ruhen zu lassen“. Er sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Montag) weiter: „Stimmen die Vorwürfe, ist Gysis Rücktritt unausweichlich.“ Der SED-Opferverband „Bund der stalinistisch Verfolgten„ hatte sich zuvor ähnlich geäußert und Gysi aufgefordert, bis zur Klärung der Vorwürfe sein Amt als Fraktionsvorsitzender ruhen zu lassen.

Bei den Ermittlungen gegen Gysi geht es um den Verdacht, dass er eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben haben könnte. Mit dieser hatte sich Gysi nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ Anfang 2011 gegen die Ausstrahlung einer NDR-Dokumentation gewehrt. In der Sendung ging es um Gysis angebliche Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit in der DDR. In seiner damaligen Erklärung hatte der Politiker versichert, er habe „zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemand wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit berichtet“.

Diese Aussage könne falsch sein, berichtete die Zeitung nun unter Berufung auf Dokumente aus der Stasi-Unterlagen-Behörde. Gysi bestritt dies am Wochenende vehement. Er habe „niemals eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben“, erklärte der 65-jährige Politiker im sozialen Netzwerk Facebook.

Linken-Fraktionsvize: „Hexenjagd auf Gysi“

Der Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde, Roland Jahn, begrüßte die von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten Ermittlungen. „Es ist immer gut, Klarheit in strittigen Fragen zu bekommen“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. Die Ermittlungen könnten helfen, die unterschiedlichen Darstellungen über mögliche Kontakte Gysis mit dem Ministerium für Staatssicherheit aufzuklären.

Der Vorsitzende des Beirates der Stasi-Unterlagen-Behörde, Richard Schröder, verteidigte Gysi. „Mit dem Vorgang hat er nicht gegen seine eidesstattliche Versicherung verstoßen“, sagte er der „Berliner Zeitung“ (Montag). „Das bringt ihm keine Falschaussage ein.“ Schröder fügte hinzu: „Nicht jeder Verdacht, der heute geäußert wird, hat Substanz.“

Linkspartei-Fraktionsvize Ulrich Maurer spricht gar von einer „Hexenjagd“. „Der schmutzige Teil des Wahlkampfs hat begonnen. Herr Gysi wird seit 20 Jahren gejagt“, sagte Maurer am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Er zeigte sich zuversichtlich, dass das Verfahren gegen Gysi eingestellt werde. Die westdeutschen Landesverbände der Linkspartei stünden hinter Gysi.

Linkspartei-Fraktionssprecher Hendrik Thalheim reagierte gelassen. "Gregor Gysi hat keine Falschaussage gemacht", sagte er. Es sei aber selbstverständlich, dass eine Staatsanwaltschaft jeder Anzeige nachgehen müsse.

Seit rund 20 Jahren werden immer wieder Vorwürfe laut, Gysi habe mit der Stasi zusammengearbeitet. Bislang hat er sich juristisch gegen diesen Verdacht gewehrt. Gysi hatte in der DDR als Anwalt prominente Dissidenten wie Rudolf Bahro und Robert Havemann vertreten. Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Jahn kündigte an, seine Behörde werde die Ermittler entsprechend dem Stasi-Unterlagen-Gesetz unterstützen. Unterlagen seien "reichlich vorhanden".