Linken-Fraktionsvize steht „wie auch die westdeutschen Landesverbände“ hinter Gregor Gysi. Leiter der Stasi-Behörde begrüßt Ermittlungen.

Berlin/Hamburg. Linksfraktionschef Gregor Gysi steht nach neuen Vorwürfen im Zusammenhang mit angeblichen Stasi-Kontakten weiter in der Kritik. Der Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion für den Aufbau Ost, Patrick Kurth, legte ihm nahe, „bis zur Klärung der Vorwürfe seine Ämter ruhen zu lassen“. Er sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Montag) weiter: „Stimmen die Vorwürfe, ist Gysis Rücktritt unausweichlich.“ Der SED-Opferverband „Bund der stalinistisch Verfolgten„ hatte sich zuvor ähnlich geäußert und Gysi aufgefordert, bis zur Klärung der Vorwürfe sein Amt als Fraktionsvorsitzender ruhen zu lassen.

Am Wochenende war bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Gysi ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat. Es geht um den Verdacht, dass er eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben haben könnte. Mit dieser hatte sich Gysi nach einem Bericht der „Welt am Sonntag“ Anfang 2011 gegen die Ausstrahlung einer NDR-Dokumentation gewehrt. In der Sendung ging es um Gysis angebliche Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit in der DDR. In seiner damaligen Erklärung hatte der Politiker versichert, er habe „zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemand wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit berichtet“.

Diese Aussage könne falsch sein, berichtete die Zeitung nun unter Berufung auf Dokumente aus der Stasi-Unterlagen-Behörde. Gysi bestritt dies am Wochenende vehement. Er habe „niemals eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben“, erklärte der 65-jährige Politiker im sozialen Netzwerk Facebook.

Linken-Fraktionsvize: „Hexenjagd auf Gysi“

Der Leiter der Stasi-Unterlagen-Behörde, Roland Jahn, begrüßte die von der Staatsanwaltschaft eingeleiteten Ermittlungen. „Es ist immer gut, Klarheit in strittigen Fragen zu bekommen“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. Die Ermittlungen könnten helfen, die unterschiedlichen Darstellungen über mögliche Kontakte Gysis mit dem Ministerium für Staatssicherheit aufzuklären.

Der Vorsitzende des Beirates der Stasi-Unterlagen-Behörde, Richard Schröder, verteidigte Gysi. „Mit dem Vorgang hat er nicht gegen seine eidesstattliche Versicherung verstoßen“, sagte er der „Berliner Zeitung“ (Montag). „Das bringt ihm keine Falschaussage ein.“ Schröder fügte hinzu: „Nicht jeder Verdacht, der heute geäußert wird, hat Substanz.“

Linkspartei-Fraktionsvize Ulrich Maurer spricht gar von einer „Hexenjagd“. „Der schmutzige Teil des Wahlkampfs hat begonnen. Herr Gysi wird seit 20 Jahren gejagt“, sagte Maurer am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Er zeigte sich zuversichtlich, dass das Verfahren gegen Gysi eingestellt werde. Die westdeutschen Landesverbände der Linkspartei stünden hinter Gysi.

Linkspartei-Fraktionssprecher Hendrik Thalheim reagierte gelassen. "Gregor Gysi hat keine Falschaussage gemacht", sagte er. Es sei aber selbstverständlich, dass eine Staatsanwaltschaft jeder Anzeige nachgehen müsse.

Seit rund 20 Jahren werden immer wieder Vorwürfe laut, Gysi habe mit der Stasi zusammengearbeitet. Bislang hat er sich juristisch gegen diesen Verdacht gewehrt. Gysi hatte in der DDR als Anwalt prominente Dissidenten wie Rudolf Bahro und Robert Havemann vertreten. Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Jahn kündigte an, seine Behörde werde die Ermittler entsprechend dem Stasi-Unterlagen-Gesetz unterstützen. Unterlagen seien "reichlich vorhanden".