Zum Wochenende wird Entscheidung erwartet, ob Bildungsministerin nach Plagiatsaffäre zurücktritt. Treffen mit Kanzlerin Merkel geplant.

Berlin. Eine Mehrheit der Deutschen hält Bundesbildungsministerin Annette Schavan wegen der Plagiatsaffäre um ihren Doktortitel als Ministerin nicht mehr für tragbar. In einer am Freitag veröffentlichten repräsentativen Umfrage sprachen sich 59 Prozent der Bürger für ihren Rücktritt aus, nur 29 Prozent waren der Ansicht, sie solle im Amt bleiben. 13 Prozent waren unentschlossen. Die CDU-Politikerin wurde am Abend von einer Dienstreise nach Südafrika zurückerwartet. Ihre politische Zukunft hängt nun von einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ab.

In der YouGov-Umfrage für „Zeit online“ gaben zwei Drittel an, die unzähligen Plagiatsfälle der vergangenen Monate hätten dem Ansehen des Doktortitels geschadet. Außerdem sprachen sich 55 Prozent gegen eine Verjährungsfrist für Plagiate aus. Der Rat der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf hatte der 57-jährigen Ministerin am Dienstag den Doktortitel entzogen. Schavan hatte daraufhin eine Klage gegen die Uni angekündigt.

Ob die Vertraute Merkels im Amt bleiben will, hat sie bisher offengelassen. Auch Merkel hat sich nicht klar zu ihrer Zukunft als Ministerin bekannt. Über Regierungssprecher Steffen Seibert hatte sie Schavan aber ihr „volles Vertrauen“ ausgesprochen. Wann das angekündigte klärende Gespräch der beiden stattfinden sollte, war ungewiss. Merkel war am Freitagnachmittag noch auf dem EU-Gipfel in Brüssel.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, ihm tue die Situation für Schavan leid, die eine „ausgesprochen kluge und anständige Kollegin“ sei. Schavan sei nicht zu vergleichen mit dem wegen Plagiaten in seiner Dissertation zurückgetretenen Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der ein „Aufschneider“ gewesen sei. Trotzdem befinde sie sich in einer schwierigen Situation: „Dass das schwer vorstellbar ist, dass man Promotionsfeiern als Wissenschaftsministerin eröffnet, wenn man selbst in einer solchen Debatte ist, ist klar.“

EU-Kommissar Günther Oettinger sagte dem Deutschlandfunk, Schavan habe dem Ansehen Deutschlands nicht geschadet: „Das Ansehen bemisst sich an ihrer Leistung.“ Auf die Frage, ob sie im Amt bleiben könne, antwortete er: „Da der Vorfall strittig ist, da er von einem Gericht geklärt werden muss, da er 30 Jahre zurückliegt, glaube ich, ja, dass sie im Amt bleiben kann.“ Unions-Fraktionschef Volker Kauder lehnte hingegen eine Aussage zur politischen Zukunft Schavans ab. Er sagte aber der „Welt„: „Als Jurist schüttle ich bei einem solchen Verfahren nur den Kopf.“