Die Bildungsministerin äußert sich in einem Interview zum Plagiatsverdacht. Für den Bundestag will Schavan erneut kandidieren.

Berlin. Die unter Plagiatsverdacht stehende Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) will die Affäre um ihre Doktorarbeit mit Sachlichkeit durchstehen. "Der Vorwurf der Täuschung hat mich bis ins Mark getroffen. Hier geht es ja nicht um meinen Doktortitel, sondern um meine Integrität", sagte sie der Ulmer "Südwest Presse". Die Universität Düsseldorf hatte ein Verfahren zur Aberkennung des Doktortitels eingeleitet. An diesem Freitag will Schavan sich als Bundestagskandidatin für den Wahlkreis Ulm/Alb-Donau aufstellen lassen. Der Vorsitzende des Kreisverbandes, Paul Glökler, geht fest davon aus, dass Schavan von der Parteibasis erneut zur Bundestagskandidatin gewählt wird. Der Verband stehe nach wie vor zu Frau Schavan.

"Ich erhalte seit Wochen derart viel Zuspruch aus der Wissenschaft, dass ich auch die Verantwortung spüre, nicht aufzugeben", sagte sie in ihrem ersten Interview nach Einleitung des Verfahrens. "Die Universität ist in einer schwierigen Situation, und ich bin in einer schwierigen Situation." Sie habe sich vorgenommen: "Bloß kein Selbstmitleid." Es habe keinen Sinn, der Frage nachzugehen, ob alles gerecht sei. Dann gewöhne man sich Nüchternheit und Sachlichkeit an. Während des Verfahrens werde sie sich öffentlich dazu zurückhalten. Schavan werden bei ihrer 1980 eingereichten Arbeit zum Thema Gewissen Plagiate, unkorrektes Zitieren und die Vernachlässigung wissenschaftlicher Standards vorgeworfen. Die Dauer des Verfahrens ist unklar - eine Frist gibt es nicht. Der maßgebliche Rat der Philosophischen Fakultät will am 5. Februar das Verfahren fortsetzen.

Inzwischen drehe sich die Debatte um die Grundsatzfrage, ab wann man in der Wissenschaft von einem Plagiat spricht, sagte Schavan. "Wenn daraus ein gemeinsames Verständnis und ein Kodex zum wissensgerechten Umgang mit Plagiatsvorwürfen entstünde, dann wäre das ein gutes Ergebnis." Die Opposition sei bisher sehr fair mit ihr umgegangen, betonte Schavan.

Der Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sagte der "Rheinischen Post": "Solange das Verfahren läuft, gilt die Unschuldsvermutung." Sollte Schavan der Doktortitel allerdings aberkannt werden, wäre sie als Ministerin für Forschung nicht mehr tragbar. Trittin nahm die Uni Düsseldorf gegen Kritik in Schutz. "Die Universität hat sich entsprechend ihrer Regeln verhalten."

Auch der neue baden-württembergische Kultusminister Andreas Stoch (SPD) sagte: "In anderen Zusammenhängen gilt eine Unschuldsvermutung. Die soll auch hier gelten." CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe betonte in der "Rheinischen Post", Schavan habe die Vorwürfe von Anfang an zurückgewiesen. "Dem vertraue ich uneingeschränkt." Gröhe forderte die Universität zu einer Prüfung der Arbeit durch weitere Experten auf.

Die Linke-Politikerin Petra Sitte zeigte sich über Forderungen nach einem unabhängigen Gutachten verwundert. "Wenn es den Vorwurf der Befangenheit gibt, dann soll man ihn offen aussprechen und begründen."