Hamburger CDU-Abgeordneter Jürgen Klimke fordert eigene Fraktion auf, noch vor der Bundestagswahl eine Uno-Konvention umzusetzen.

Hamburg/Berlin . Es ist erst ein paar Tage her, da wurde der österreichische EU-Abgeordnete Ernst Strasser zu vier Jahren Haft verurteilt: wegen Korruption. Ihm wurde vorgeworfen, als EU-Abgeordneter angeboten zu haben, gegen Geld die europäische Gesetzgebung im Sinne der Auftraggeber zu beeinflussen. Wäre Strasser ein Politiker im Bundestag oder einem deutschen Landtag, er hätte nichts zu befürchten. Nur der Stimmenkauf vor einer Abstimmung im Parlament ist hier strafbar. Auch Bestechung von Beamten, Minister, Richtern steht unter Strafe. Bestechung von Abgeordneten nicht.

Vor fast zehn Jahren unterzeichnete Deutschland eine Konvention der Vereinten Nationen gegen Korruption, die UNCAC. Doch seitdem blockieren Politiker die Ratifizierung der Konvention im Bundestag. 161 Staaten setzten die Uno-Maßnahme schon um. Neben Deutschland gehören Nordkorea, Syrien oder Saudi-Arabien zu den Blockierern. Die Opposition von SPD, Grünen und Linken machten mit Gesetzentwürfen bereits Vorstöße. Doch CDU und FDP haben sich bisher gegen eine Gesetzesverschärfung gewehrt. Sie verweisen auf das freie Mandat des Parlamentariers, das durch das Grundgesetz geschützt ist. Und damit auch Einladungen und Geschenke von Industrieverbänden erlaubt - Treffen, die zum Alltag des Abgeordneten gehörten.

Dabei hat der Bundesgerichtshof schon das bestehende Gesetz als "praktisch bedeutungslose symbolische Gesetzgebung" im Kampf gegen Korruption in der Politik kritisiert. Nun wächst der Druck auf Schwarz-Gelb, die Konvention noch bis zur Bundestagswahl zu ratifizieren. Der Druck kommt aus den eigenen Reihen. Und aus Hamburg.

In einem internen Brief, der dem Abendblatt vorliegt, kritisiert der CDU-Abgeordnete aus Wandsbek, Jürgen Klimke: "Die Nichtratifizierung der UNCAC würde die erfolgreiche Bilanz der Arbeit unserer Koalition im außen- und wirtschaftspolitischen Bereich empfindlich stören", heißt es in dem Schreiben an die rechtspolitische Sprecherin der Union im Bundestag, Andrea Voßhoff. Dass Schwarz-Gelb kein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung verabschiede, klinge wie die Bestätigung "altbekannter Vorurteile gegenüber der Politik" und könnte zu "populistischen Attacken der Opposition" im Wahlkampf führen, kritisiert Klimke.

Im Sommer drängten bereits 30 Konzernchefs unter anderem von Siemens und Daimler geschlossen die Fraktionsvorsitzenden zur Ratifizierung der Konvention. Das Ausbleiben schade dem Ansehen der deutschen Unternehmen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) brachte Ende 2012 einen eigenen Gesetzentwurf ins Spiel, der die Vorteilsnahme durch Abgeordnete unter Strafe stellt. Auch andere Außenpolitiker der CDU gehen in die Offensive. "Der Imageschaden ist nicht nur für die CDU und die FDP groß, sondern mittlerweile für jeden einzelnen Abgeordneten", sagt Ruprecht Polenz dem Abendblatt. Er sei es leid, sich im Wahlkreis dagegen zu wehren, dass seine Partei das Gesetz noch nicht unterschrieben habe. Es entstehe der Eindruck, Politiker könnten tatsächlich korrupt sein. Der Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion, Christian Ruck (CSU), zeigte Verständnis für die Kritik von Klimke. Gleichzeitig habe er aber noch keine Lösung für die "juristisch verzwickte Situation" zwischen dem freien Mandat und Korruptionsbekämpfung. Auch aufgrund der eingeschränkten Gesetzeslage belegt Deutschland im Antikorruptionsindex von Transparency International nur Platz 14.

Siegfried Kauder (CDU), Vorsitzender im Rechtsausschuss des Bundestages und Bruder von Fraktionschef Volker Kauder, gehörte zu den Blockierern schärferer Gesetze. Noch im September lehnte er Regelungen ab, die "eines Parlaments unwürdig sind". Nun startet er selbst einen Vorstoß. Er habe einen Gesetzentwurf erarbeitet, der auch Bestechung von Abgeordneten regele, sagte Kauder dem Abendblatt. Es sei genau definiert, was als "parlamentarische Gepflogenheiten" weiterhin dem Abgeordneten möglich sein müsse. "Darunter fällt beispielsweise die Einladung zu einem Frühstück mit Verbänden oder aber ein Besuch beim Fußballspiel, sofern der Abgeordnete Mitglied im Sportausschuss ist", sagt Kauder. Es gelte der Grundsatz: Der Mandatsträger dürfe alles entgegennehmen, bei dem er kein schlechtes Gewissen haben müsse.

In der kommenden Woche wolle er den Entwurf mit den Vertretern der anderen Fraktionen besprechen. Er sei zuversichtlich, dass die Koalition die Uno-Konvention noch in dieser Legislaturperiode ratifiziere.