Zahl der Erstanträge stieg in der zweiten Jahreshälfte an. Besonderen Zulauf aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina.

Berlin. Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Rund 65.000 Menschen stellten einen Asylantrag – 41 Prozent mehr als im Vorjahr, wie das Bundesinnenministerium am Dienstag in Berlin mitteilte.

Etwa ein Drittel der Asylsuchenden kam aus einem Nachfolgestaat des ehemaligen Jugoslawien. Einen besonderen Zulauf registrierten die Behörden aus den Balkan-Staaten Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Weitere wichtige Herkunftsländer waren Afghanistan, Syrien und der Irak.

Die Zahl der Erstanträge stieg vor allem in der zweiten Jahreshälfte an. Im Oktober beantragten fast 10.000 Menschen in Deutschland Asyl, im November waren es 9.000. Im Dezember jedoch ging die Zahl der Bewerber deutlich auf 4.880 zurück und erreichte fast den Wert von 2011.

Die meisten Asylbewerber kamen im vergangenen Jahr mit 8.477 aus Serbien. Dies entspricht einer Steigerung von 85 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zweites Hauptherkunftsland war Afghanistan. Die Zahl der Erstanträge lag mit 7.498 ungefähr so hoch wie im Vorjahr. In rund 40 Prozent der Fälle gab es hier eine Flüchtlingsanerkennung oder einen andersartigen Schutz. Den steilsten Anstieg verzeichneten Mazedonien mit über 300 Prozent und Bosnien-Herzegowina mit einem Plus von rund 560 Prozent. Auch die Zahl von Antragsstellern aus Syrien nahm stark zu und stieg um etwa 135 Prozent im Vergleich zu 2011.

Zum Anstieg der Asylbewerberzahlen aus den Westbalkanstaaten erklärte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), in diesen Ländern fände in der Regel keine politische Verfolgung statt. Man werde daher „auch künftig entschlossen gegen den Missbrauch unseres Asylsystems vorgehen, damit diejenigen, die tatsächlich schutzbedürftig sind, bei uns auch Schutz bekommen können“.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl fordert hingegen, die Aufnahmekapazitäten für Asylsuchende zu erhöhen. Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte: „Nicht die Zahl ist dramatisch, sondern die Situation der Schutzsuchenden.“ Denn nur ein Bruchteil der Flüchtlinge erreiche Europa. So seien nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks 43 Millionen Menschen auf der Flucht. Da in vielen Ländern keine Stabilisierung in Sicht sei, müsse Deutschland sich darauf vorbereiten, dass auch in den kommenden Jahren Menschen keine andere Wahl als Flucht hätten.

Seit dem Rückgang der Asylbewerberzahlen seit 1995 habe Deutschland seine Aufnahmekapazitäten kontinuierlich abgebaut, so Pro Asyl. Die Bundesregierung müsse sie jetzt wieder den tatsächlichen Zahlen anpassen. Die Flüchtlingsorganisation forderte, trotz vermehrter Asylanträge, jeden Einzelfall sorgfältig zu prüfen. Denn Schnellverfahren, bei denen Asylsuchenden aus Serbien und Mazedonien trotz drastischer Berichte über rassistische Diskriminierung und Ausgrenzung de facto Asylmissbrauch unterstellt werde, seien das Gegenteil einer unvoreingenommenen Prüfung.