Brandenburgs Ministerpräsident hat beim Krisenmanagement für den Flughafen BER ein Votum im Rücken. Die Probleme sind jedoch nicht gelöst.

Potsdam. Selten ist Brandenburgs Landtag bis auf den letzten Platz besetzt wie an diesem Montag. Im verschlissenen Plenarsaal der früheren Reichskriegsschule und dem einstigen Sitz der SED-Bezirks- und Kreisleitung Potsdam drängeln sich Abgeordnete, Zuschauer und Journalisten, um einen historischen Moment zu erleben. Erstmals stellt in Brandenburg ein Ministerpräsident die Vertrauensfrage.

Matthias Platzeck (SPD) will mit einem klaren Votum im Rücken an diesem Mittwoch den Aufsichtsratsvorsitz der Flughafengesellschaft übernehmen, in deren Verantwortung der Pannen-Airport in Schönefeld fällt. Es fällt am Ende erwartungsgemäß deutlich aus: Die rot-rote Regierungsmehrheit – 55 Abgeordnete – spricht dem 59-Jährigen geschlossen das Vertrauen aus; 32 Volksvertreter – die gesamte Opposition aus CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen verweigert es ihm.

Die vorangegangene Debatte ist von viel Zerknirschung, aber auch von Angriffslust gekennzeichnet. „Ja, das Projekt BER ist tief in die Krise geraten“, räumt Platzeck in seiner halbstündigen Regierungserklärung unumwunden ein. Es stelle die Machbarkeit großer Infrastrukturvorhaben, deutsche Ingenieurskunst, ja das Gütesiegel „Made in Germany“ infrage. Eine Woche zuvor war die für den 27. Oktober geplante Eröffnung zum vierten Mal verschoben worden.

Schuld sind vor allem Baumängel, die Platzeck bereits tags zuvor im Fernsehen bei „Günther Jauch“ benannt hatte: falsch oder schlampig verlegte Leitungen, aber in erster Linie die nicht funktionierende Brandschutzanlage. Weder zur Bezifferung der Mehrkosten noch zu einem neuen Eröffnungstermin lässt sich der Regierungschef hinreißen, sondern betont nur ein weiteres Mal, dass er sein politisches Schicksal an das Gelingen des Airports knüpfe. Bei Jauch brachte er es auf den Punkt: „Entweder das Ding fliegt oder ich fliege.“

Genau darauf stürzt sich in der Debatte die Opposition. Was denn das heißen solle, fragt CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski. „Treten Sie zurück, wenn der nächste Eröffnungstermin nicht gehalten wird? Teile des Flughafens abgerissen werden müssen?“ Indem Platzeck hierauf keine verbindlichen Antworten gebe, sei sein Schicksalsversprechen nichts wert. Der für seine beißende Kritik bekannte Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Axel Vogel, nennt es eine „Luftnummer“.

Brandenburgs Regierungschef gehört dem Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft seit rund zehn Jahren an. Dass er dort nun den Vorsitz von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) übernehmen will, begründet er damit, dass er gerade in der aktuellen Krisensituation noch mehr Verantwortung übernehmen müsse. „Ich kann, ich darf und ich werde mich jetzt nicht in die Büsche schlagen.“

Auch sollte ein politisch legitimierter Vertreter einer der drei Flughafen-Gesellschafter – Bund, Berlin und Brandenburg – und eben kein unabhängiger Wirtschaftsexperte an der Spitze des Kontrollgremiums stehen, beharrt Platzeck. Zum Ballast wird ihm dabei jedoch seine lange Tätigkeit in der Runde, die sich heute von der Flughafen-Geschäftsführung hintergangen fühlt.

„Sie haben jahrelang zugesehen, wie getrickst und getäuscht wurde“, ätzt Dombrowski. Problem speziell der Landes-CDU ist hier nur, dass Platzeck inzwischen die Rückendeckung der Unionsminister Peter Ramsauer (CSU) und Wolfgang Schäuble (CDU) für den Aufsichtsratsvorsitz hat – ein Umstand, auf den SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher genüsslich hinweist.

Mit Blick auf den Nimbus des damaligen Umweltministers Platzeck als Krisenmanager und Retter in der Not während des Oder-Hochwassers 1997 macht Dombrowski klar: „Die Oder-Flut war eine Naturkatastrophe. Sie kam und ging von allein.“ Der Pannenflughafen dagegen sei genau keine Natur-, sondern „eine selbst gemachte Katastrophe“. „Sie können nicht den Deichgraf geben. Sie sind hier der „Master of Desaster“.