Für die Trennungskinder steht laut Düsseldorfer Tabelle dagegen die zweite Nullrunde ins Haus

Düsseldorf. Wer nach einer Trennung Unterhalt zahlen muss, darf ab kommendem Jahr mehr von seinem Geld behalten - für die betroffenen Kinder steht dagegen die zweite Nullrunde an. Das hat das Düsseldorfer Oberlandesgericht am Mittwoch mitgeteilt. Ein erwerbstätiger Unterhaltszahler mit Schulkindern bis 21 Jahren darf künftig 1000 statt 950 Euro im Monat für seinen eigenen Bedarf behalten.

Die Anhebung sei durch die Erhöhung der Hartz-IV-Sätze notwendig geworden, begründete das Gericht seine Entscheidung. "Die Opfergrenze ist das Existenzminimum", sagte Familienrichter Jürgen Soyka. Die Änderungen werden am 1. Januar 2013 wirksam.

Die Unterhaltssätze der Düsseldorfer Tabelle für die Kinder bleiben dagegen unverändert, nachdem sie zuletzt vor zwei Jahren deutlich um 13 Prozent angehoben worden waren. Der Unterhalt richtet sich nach dem steuerlichen Kinderfreibetrag. Dieser steigt aber im kommenden Jahr nicht - folglich bleiben auch die Unterhaltssätze unverändert. Viele Trennungskinder könnten in die Sozialhilfe rutschen, wenn beim Unterhaltszahler nach der Anhebung des Selbstbehaltes nun der Mindestsatz für die Kinder nicht mehr übrigbleibt. In Deutschland gibt es knapp drei Millionen minderjährige Trennungskinder. Hinzu kommen die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder. Für die nicht oder geringfügig arbeitenden Ex-Partner gibt es tendenziell weniger Geld. Sie müssen sich teilen, was nach Abzug von Kindesunterhalt und Selbstbehalt übrigbleibt.

Der Festlegung der Selbstbehaltgrenzen wurde der Hartz-IV-Regelsatz von 382 Euro zugrunde gelegt. Für die Lebenshaltung wurden Wohnkosten von 360 Euro Warmmiete, 30 Euro für Versicherungen, 28 Euro für Mehrkosten wie die GEZ-Gebühren und 200 Euro als Arbeitsanreiz hinzugefügt - ergibt 1000 Euro. Wenn die Unterhaltspflicht für die eigenen Eltern besteht, etwa, weil diese pflegebedürftig sind und die Rente dafür nicht reicht, steigt der Selbstbehalt von 1500 auf 1600 Euro. Der Selbstbehalt für arbeitslose Unterhaltspflichtige steigt von 770 auf 800 Euro. Gibt es unterhaltsberechtigte volljährige Kinder, die nicht mehr in der Schule sind, steigt der Selbsthalt von 1150 auf 1200 Euro. Bei einem nicht ehelichen Kind liegt der Selbstbehalt künftig bei 1100 statt 1050 Euro.

Im Einzelfall sei der Selbstbehalt weiter nach oben steigerbar, meinen die Richter, etwa beim Nachweis, dass für den vorgesehenen Mietsatz keine Wohnung zu finden ist oder weil die gestiegenen Energiekosten den Ansatz für die Wohnkosten sprengen.

Mit der Erhöhung des Selbstbehalts werde vermieden, dass die Unterhaltspflichtigen reihenweise zu Hartz-IV-Berechtigten werden. Auf der anderen Seite werde der Staat den Lebensunterhalt vieler Kinder stärker bezuschussen müssen. "Das wird nicht wenig sein, was da auf den Staat zukommt", sagte Familienrichter Soyka. Mit der Düsseldorfer Tabelle regeln die deutschen Familienrichter bundesweit Unterhaltsansprüche. Sie gilt für die knapp drei Millionen Trennungskinder, für Ex-Partner und in finanzielle Not geratene Eltern. Die Tabelle wird seit 1962 zur einfacheren Berechnung der Unterhaltssätze erstellt. Seit 1980 wird sie mit den Familiensenaten aller deutschen Oberlandesgerichte und mit dem deutschen Familiengerichtstag abgestimmt. Die Tabelle hat keine Gesetzeskraft, stellt aber eine Richtlinie dar. In der Regel wird die Düsseldorfer Tabelle alle zwei Jahre aktualisiert.

Vor das Dilemma gestellt, entweder den arbeitenden Ernährer oder die Kinder als Geldempfänger in die Sozialhilfe zu schicken, blieben die Richter bei ihrem Grundsatz, den arbeitenden Unterhaltspflichtigen deutlich mehr zum Leben zu lassen als das Hartz-IV-Niveau. Dahinter steckt die Absicht, die Arbeitsmoral der Zahlenden nicht zu untergraben und das Sozialsystem dadurch noch stärker zu belasten, wenn diese sich arbeitslos melden.